Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 129)

die Feind erschrecken, zumal auch den Freunden als unerkannt das Ihrige zu nehmen, dazu mir dann die Begebenheit mit dem Speckstehlen Anlaß gabe, bekam ich Zeitung daß ein Kerl sich in Werle aufhielte, welcher ein trefflicher Parteigänger seie, sich grün kleiden lassen, und hin und her auf dem Land, sonderlich aber bei unsern Kontribuenten, unter meinem Namen mit Weiber schänden und Plünderungen allerhand Exorbitantien verübte, maßen dahero greuliche Klagen auf mich einkamen, dergestalt, daß ich übel eingebüßt hätte, da ich nicht austrücklich dargetan, daß ich in denjenigen Zeiten, da er ein und ander Stücklein auf mich verrichtet, mich anderswo befunden. Solches gedacht ich ihm nicht zu schenken, viel weniger zu leiden, daß er sich länger meines Namens bedienen, unter meiner Gestalt Beuten machen, und mich dadurch so schänden sollte. Ich ließe ihn mit Wissen des Kommandanten in Soest auf einen Degen oder paar Pistoln ins freie Feld zu Gast laden; nachdem er aber das Herz nicht hatte zu erscheinen, ließ ich mich vernehmen, daß ich mich an ihm revangieren wollte, und sollt es zu Werle in desselbigen Kommandanten Schoß geschehen, als der ihn nicht drum strafte: Ja ich sagte offentlich, daß, so ich ihn auf Partei erdappte, er als ein Feind von mir traktiert werden sollte! Das machte, daß ich meine Larven liegen ließe, mit denen ich ein Großes anzustellen vorhatte, sondern auch mein ganz grünes Kleid in kleine Stück zerhackte und in Soest vor meinem Quartier offentlich verbrennet unangesehen allein meine Kleider, ohne Federn und Pferdgezeug, über die 100 Dukaten wert ware; ja ich fluchte in solcher Wut noch drüber hin, daß der nächste, der mich mehr einen Jäger nenne, entweder mich ermorden, oder von meinen Händen sterben müsse, und sollte es auch meinen Hals kosten! Wollt auch keine Partei mehr führen (so ich ohnedas nicht schuldig, weil ich noch kein Offizier war) ich hätte mich dann zuvor an meinem Widerpart zu Werle gerochen. Also hielte ich mich ein und tät nichts Soldatisch mehr, als daß ich meine Wacht versahe, ich wäre dann absonderlich irgendshin kommandiert worden, welches ich jedoch alles wie ein anderer Bärnhäuter sehr schläfferig verrichtet. Dies erscholl gar bald in der Nachbarschaft, und wurden die Parteien vom Gegenteil so kühn und sicher davon, daß sie schier täglich vor unsern Schlagbäumen lagen, so ich in die Läng auch nicht ertragen konnte. Was mir aber gar zu unleidenlich fiele, war dies, daß der Jäger von Werle noch immerzu fortfuhr, sich vor mich auszugeben und ziemliche Beuten zu machen.

Indessen nun, als jedermann vermeinte, ich hätte mich auf eine Bärnhaut schlafen gelegt, von deren ich so bald nicht wieder aufstehen würde, kündigte ich meines Gegenteils von Werle Tun und Lassen aus, und befand, daß er mir nicht nur mit dem Namen und in den Kleidern nachäffte, sondern auch bei Nacht heimlich zu stehlen pflegte, wann er etwas erhaschen konnte; derhalben erwachte ich wieder ohnversehens und machte meinen Anschlag darauf. Mein beide Knecht hatte ich nach und nach abgericht wie die Wachtelhund, so waren sie mir auch dermaßen getreu, daß jeder

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