Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 130)
auf den Notfall für mich durch ein Feur geloffen wäre, weil sie ihr gut Fressen und Saufen bei mir hatten und treffliche Beuten machten: Deren schickte ich einen nach Werle zu meinem Gegenteil; der wandte vor, weil ich, als sein gewesener Herr, nunmehr anfienge zu leben wie ein ander Kujon, und verschworen hätte, nimmermehr auf Partei zu gehen, so hätte er nicht mehr bei mir bleiben mögen, sondern sei kommen ihm zu dienen, weil er an seines Herrn Statt ein Jägerkleid angenommen, und sich wie ein rechtschaffener Soldat gebrauchen lasse; er wisse alle Weg und Steg im Land, und könnte ihm manchen Anschlag geben, gute Beuten zu machen, etc. Mein guter einfältiger Narr glaubte meinem Knecht und ließ sich bereden, daß er ihn annahm und auf eine bestimmte Nacht mit seinem Kameraden und ihm auf eine Schäferei gienge, etliche fette Hämmel zu holen, da ich und Springinsfeld mit meinem andern Knecht schon aufpaßten und den Schäfer bestochen hatten, daß er seine Hund anbinden, und die Ankömmling in die Scheur unverhindert minieren lassen sollte, so wollte ich ihnen das Hammelfleisch schon gesegnen. Da sie nun ein Loch durch die Wand gemacht hatten, wollte der Jäger von Werle haben, mein Knecht sollte gleich zum ersten hineinschlieffen. Er aber sagte: »Nein, es möchte jemand drin aufpassen und mir eins vorn Kopf geben; ich sehe wohl, daß Ihr nicht recht mausen könnt, man muß zuvor visitieren«; zog darauf seinen Degen aus und henkte seinen Hut an die Spitz, stieße ihn also etlichmal durchs Loch, und sagte: »So muß man zuvor sehen, ob Bläsi zu Haus sei oder nicht?« Als solches geschehen, war der Jäger von Werle selbst der erste so hineinkroch; aber Springsinsfeld erwischte ihn gleich beim Arm, darin er seinen Degen hatte, und fragte ihn, ob er Quartier wollte? Das höret sein Gesell und wollt durchgehen; weil ich aber nicht wußte, welches der Jäger, und geschwinder als dieser auf den Füßen war, eilet ich ihm nach und erdappt ihn in wenig Sprüngen. Ich fragte: »Was Volks?« Er antwortet: »Kaiserisch«; ich fragte: »Was Regiments? Ich bin auch kaiserisch, ein Schelm, der sein Herrn verleugnet!« Jener antwort: »Wir sein von den Dragonern aus Soest, und kommen ein paar Hämmel zu holen, Bruder ich hoffe, wann Ihr auch kaiserisch seid, Ihr werdet uns passieren lassen.« Ich antwortet: »Wer seid Ihr denn aus Soest?« Jener antwort: »Mein Kamerad im Stall ist der Jäger.« »Schelmen seid ihr!« sagte ich, »warum plündert ihr denn euer eigen Quartier? der Jäger von Soest ist so kein Narr, daß er sich in einem Schafstall fangen läßt.« »Ach von Werle wollt ich sagen«, antwort mir jener wiederum; und indem ich so disputierte, kam mein Knecht und Springinsfeld mit meinem Gegenteil auch daher. »Siehe da, du ehrlicher Vogel, kommen wir hier zusammen? wenn ich die kaiserliche Waffen, die du wider den Feind zu tragen aufgenommen hast, nicht respektierte, so wollt ich dir gleich eine Kugel durch den Kopf jagen! Ich bin der Jäger von Soest bishero gewesen, und dich halt ich vor einen Schelmen,