Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 143)
bekam ich einen eigenen Narrn und dorfte keinen kaufen, wiewohl ich das Jahr zuvor selbst vor einen mich hatte gebrauchen lassen müssen. So wunderlich ist das Glück, und so veränderlich ist die Zeit! Kurz zuvor tribulierten mich die Läus, und jetzt habe ich den Flöhegott in meinem Gewalt; vor einem halben Jahr dienete ich einem schlechten Dragoner vor einen Jungen; nunmehro aber vermochte ich zween Knecht, die mich Herr hießen; es war noch kein Jahr vergangen, daß mir die Buben nachlieffen mich zur Hur zu machen, jetzt wars an dem, daß die Mägdlein selbst aus Liebe sich gegen mir vernarrten: Also wurde ich beizeiten gewahr, daß nichts Beständigers in der Welt ist, als die Unbeständigkeit selbsten. Dahero mußte ich sorgen, wann das Glück einmal seine Mucken gegen mich auslasse, daß es mir meine jetzige Wohlfahrt gewaltig eintränken würde.
Damals zoge der Graf von der Wahl, als Obrister Gubernator des Westfälischen Kreises, aus allen Garnisonen einige Völker zusammen, eine Cavalcada durchs Stift Münster gegen der Vecht, Meppen, Lingen und der Orten zu tun, vornehmlich aber zwo Kompagnien hessische Reuter im Stift Paderborn auszuheben, welche zwo Meilen von Paderborn lagen und den Unserigen daselbsten viel Damps antäten; ich wurde unter unsern Dragonern mit kommandiert, und als sich einige Truppen zu Hamm gesammlet, giengen wir schnell fort und berenneten bemeldeter Reuter Quartier, welches ein schlechtverwahrtes Städtlein war, bis die Unserige hernachkamen; sie unterstunden durchzugehen, wir jagten sie aber wieder zurück in ihr Nest; es wurde ihnen angebotten, sie ohne Pferd und Gewehr, jedoch mit dem was der Gürtel beschließe, passieren zu lassen; aber sie wollten sich nicht dazu verstehen, sondern mit ihren Karbinern wie Musketierer wehren: Also kams dazu, daß ich noch dieselbe Nacht probieren mußte, was ich vor Glück in Stürmen hätte, weil die Dragoner vornangiengen; da gelung es mir so wohl, daß ich samt dem Springinsfeld gleichsam mit den ersten ganz ohnbeschädigt in das Städtlein kam. Wir leerten die Gassen bald, weil niedergemacht wurde, was sich im Gewehr befande, und sich die Burger nicht hatten wehren wollen; also gieng es mit uns in die Häuser. Springinsfeld sagte: Wir müßten ein Haus vornehmen, vor welchem ein großer Haufen Mist läge, dann in denselben pflegten die reichste Kauzen zu sitzen, denen man gemeiniglich die Offizier einlogierte; darauf griffen wir ein solches an, in welchem Springinsfeld den Stall, ich aber das Haus zu visitieren vornahme, mit dieser Abred, daß jeder dasjenige was er bekame, mit dem andern parten sollte; also zündet jeder seinen Wachsstock an; ich rufte nach dem Vatter im Haus, kriegte aber kein Antwort, weil sich jedermann versteckt hatte, geriete indessen in eine Kammer, fande aber nichts als ein leer Bett darinnen und einen beschlossenen Trog; den hämmert ich auf, in Hoffnung etwas Kostbares zu finden; aber da ich den Deckel auftät, richtet sich ein kohlschwarzes Ding gegen mir auf, welches ich vor den Luzifer selbst ansahe: Ich kann schwören, daß ich mein Lebtag nie so erschrocken bin, als eben damals, da ich diesen schwarzen Teufel so unversehens erblickte. »Daß dich dieser und