Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 144)
jener erschlag«, sagte ich gleichwohl in solchem Schrecken, und zuckte mein Äxtlein, damit ich den Trog aufgemacht, und hatte doch das Herz nicht, ihm solches in Kopf zu hauen; er aber knieete nieder, hub die Händ auf und sagte: »Min leve Heer, ick bitte ju doer Gott, schinckt mi min Levent!« Da hörete ich erst, daß es kein Teufel war, weil er von Gott redet und um sein Leben bat, sagte demnach, er sollte sich aus dem Trog geheien, das tät er, und gieng mit mir so nackend, wie ihn Gott erschaffen hatte. Ich schnitte ein Stück von meinem Wachs, und gabs ihm mir zu leuchten; das tät er gehorsamlich und führet mich in ein Stüblein, da ich den Hausvatter fande, der samt seinem Gesind dies lustige Spektakul ansahe und mit Zitteren um Gnad bate! Diese erhielte er leicht, weil wir den Burgern ohnedas nichts tun dorften und er mir des Rittmeisters Bagage, darunter ein ziemlich wohlgespickt verschlossen Felleisen war, einhändigte, mit Bericht, daß der Rittmeister und seine Leut, bis auf einen Knecht und gegenwärtigen Mohren, sich zu wehren auf ihre Posten gangen wären; indessen hatte der Springinsfeld besagten Knecht auch mit sechs gesattelten schönen Pferden auch im Stall erwischt, die stellten wir ins Haus, verriegelten solches, und ließen den Mohren sich anziehen, den Wirt aber auftragen, was er vor seinem Rittmeister zurichten müssen. Als aber die Tor geöffnet, die Posten besetzt und unser Generalfeldzeugmeister Herr Graf von der Wahl eingelassen wurde, nahm er sein Logiment in ebendemselben Haus darin wir uns befanden; darum mußten wir bei finsterer Nacht wieder ein ander Quartier suchen. Das fanden wir bei unsern Kameraden, die auch mit Sturm ins Städtlein kommen waren; bei denselbigen ließen wir uns wohl sein und brachten den übrigen Teil der Nacht mit Fressen und Saufen zu, nachdem ich und Springinsfeld miteinander unsere Beuten geteilt hatten; ich bekam vor mein Teil den Mohren und die zwei beste Pferd, darunter ein spanisches war, auf welchem ein Soldat sich gegen seinem Gegenteil dorfte sehen lassen, mit dem ich nachgehends nicht wenig prangte; aus dem Felleisen aber kriegte ich unterschiedliche köstliche Ring, und in einer güldenen Kappel mit Rubinen besetzt, des Prinzen von Uranien Conterfait, weil ich dem Springinsfeld das übrige alles ließe, kam also, wenn ich alles halber hinweg hätte schenken wollen, mit Pferden und allem über die 200 Dukaten; vor den Mohren aber, der mich am allersaursten ankommen war, wurde mir vom Gen.-Feldzeugmeister, als welchen ich ihm präsentierte, nicht mehr als zwei Dutzend Taler verehrt. Von dann giengen wir schnell an die Ems, richteten aber wenig aus, und weil sichs eben traf, daß wir auch gegen Recklinghausen zukamen, nahm ich Erlaubnus, mit Springinsfeld meinem Pfaffen zuzusprechen, dem ich hiebevor den Speck gestohlen hatte; mit demselben machte ich mich lustig, und erzählte ihm, daß mir der Mohr den Schrecken, den er und seine Köchin neulich empfunden, wieder eingetränkt hätte, verehrte ihm auch ein schöne schlagende Halsuhr zum freundlichen Valete, so ich aus des Rittmeisters Felleisen bekommen hatte, pflegte also allerorten diejenige zu