Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 146)
dem, was mehr unser als euer ist, nicht dürfen lustig machen?« Der Reuter antwortet: »Wer Meister im Feld ist, dem folgen die Festungen; daß wir aber die Feldschlachten gewinnen müssen, folget aus dem, daß ich so drei Kinder, wie du eins bist, mitsamt ihren Musketen nicht allein nicht förchten, sondern ein paar davon auf den Hut stecken, und den dritten erst fragen wollte, wo deiner noch mehr wären? und säße ich nur bei dir«, sagte er gar höhnisch, »so wollte ich dem Junkern zu Bestätigung der Wahrheit ein paar Dachteln geben!« Ich antwortet ihm: »Ob ich zwar vermeine, ein so gut paar Pistolen zu haben als du, wiewohl ich kein Reuter, sondern nur ein Zwidder zwischen ihnen und den Musketierern bin, schau! so hat doch ein Kind das Herz, mit seiner Musketen allein einem solchen Prahler zu Pferd, wie du einer bist, gegen all seinem Gewehr im freien Feld nur zu Fuß zu erscheinen.« – »Ach du Kujon«, sagte der Kerl, »ich halte dich vor einen Schelmen, wenn du nicht wie ein redlicher von Adel alsbald deinen Worten eine Kraft gibst.« Hierauf warf ich ihm einen Handschuh zu und sagte: »Siehe da, wenn ich diesen im freien Feld durch meine Muskete nicht zu Fuß wieder von dir bekomme, so habe genugsame Macht und Gewalt, mich vor denjenigen zu halten und auszuschreien, wie mich deine Vermessenheit gescholten hat.« Hierauf zahlten wir den Wirt, und der Reuter machte seinen Karbiner und Pistolen, ich aber meine Muskete fertig; und da er mit seinen Kameraden von uns an den bestimmten Ort ritte, sagte er zu meinem Springinsfeld: Er sollte mir nur allgemach das Grab bestellen; dieser aber antwortet ihm, er möchte solches auf ein Vorsorg seinen eigenen Kameraden vor ihn selbst zu bestellen anbefehlen; mir aber verwiese er meine Frechheit und sagte unverhohlen, er besorge, ich werde aus dem letzten Loch pfeifen. Ich lachte hingegen, weil ich mich schon vorlängst besonnen hatte, wie ich einem wohlmondierten Reuter begegnen müsse, wann mich einmal einer zu Fuß mit meiner Muskete im weiten Feld feindlich angreifen sollte. Da wir nun an den Ort kamen, wo der Betteltanz angehen sollte, hatte ich meine Musket bereits mit zweien Kuglen geladen, frisch Zindkraut aufgerührt, und den Deckel auf der Zindpfannen mit Unschlitt verschmiert, wie vorsichtige Musketierer zu tun pflegen, wenn sie das Zindloch und Pulver auf der Pfannen im Regenwetter vor Wasser verwahren wollen.
Ehe wir nun aufeinander giengen, bedingten beiderseits Kameraden miteinander, daß wir uns im freien Feld angreifen und zu solchem End der eine von Ost, der ander aber von West in ein umzäuntes Feld eintretten sollten, und alsdann möge ein jeder sein Bestes gegen dem andern tun, wie ein Soldat tun soll, welcher dergestalt seinen Feind vor Augen kriegt; es sollte sich auch weder vor, in, noch nach dem Kampf keiner von beiden Parteien unterstehen, seinem Kameraden zu helfen, noch dessen Tod oder Beschädigung zu rächen. Als sie solches einander mit Mund und Hand versprochen hatten, gaben ich und mein Gegner einander auch die Händ, und verziehe je