Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 147)

einer dem andern seinen Tod: In welcher allerunsinnigsten Torheit, welche je ein vernünftiger Mensch begehen kann, ein jeder hoffte, seiner Gattung Soldaten das Prä zu erhalten, gleichsam als ob des einen oder andern Teils Ehr und Reputation an dem Ausgang unseres teuflischen Beginnens gelegen gewest wäre. Da ich nun an meinem bestimmten Ende mit doppeltbrennendem Lunden in angeregtes Feld tratte und meinen Gegenteil vor Augen sahe, stellte ich mich, als ob ich das alte Zindkraut im Gang abschüttete; ich täts aber nicht, sondern rührte Zindpulver nur auf den Deckel meiner Zindpfannen, blies ab, und paßte mit zweien Fingern auf der Pfann auf, wie bräuchlich ist, und ehe ich meinem Gegenteil, der mich auch wohl im Gesicht hielte, das Weiße in Augen sehen konnte, schlug ich auf ihn an, und brennte mein falsch Zindkraut auf dem Deckel der Pfannen vergeblich hinweg; mein Gegner vermeinte, die Musket hätte mir versagt, und das Zündloch wäre mir verstopft, sprengte derowegen mit einer Pistol in der Hand gar zu begierig recta auf mich dar, in Meinung, mir meinen Frevel zu bezahlen; aber ehe er sichs versahe, hatte ich die Pfann offen, und wieder angeschlagen, hieße ihn auch dergestalt willkomm sein, daß Knall und Fall eins war.

Ich retirierte mich hierauf zu meinen Kameraden, die mich gleichsam küssend empfiengen; die seinige aber entledigten ihn aus seinem Stegreif, und täten gegen ihm und uns wie redliche Kerl, maßen sie mir auch meinen Handschuh mit großem Lob wieder schickten. Aber da ich meine Ehr am größten zu sein schätzte, kamen 25 Musketier aus Rehnen, welche mich und meine Kameraden gefangennahmen: Ich zwar wurde alsbald in Ketten und Band geschlossen und der Generalität überschickt, weil alle Duell bei Leib- und Lebensstraff verbotten waren.

Das 10. Kapitel

Der Generalfeldzeugmeister schenket dem Jäger das Leben und macht ihm sonst gute Hoffnung.

Demnach unser Generalfeldzeugmeister strenge Kriegsdisziplin zu halten pflegte, besorgte ich die Verlierung meines Kopfs; hingegen hatte ich noch Hoffnung davonzukommen, weil ich bereits in so blühender Jugend jederzeit mich gegen dem Feind wohl gehalten und einen großen Ruf und Namen der Dapferkeit erworben. Doch war solche Hoffnung ungewiß, weil dergleichen täglichen Händel halber die Notdurft erfordert, ein Exempel zu statuieren. Die Unserige hatten eben damals ein festes Rattennest berennet und auffordern lassen, aber ein abschlägige Antwort bekommen, weil der Feind wußte, daß wir kein grob Geschütz führten. Derowegen ruckte unser Graf von der Wahl mit dem ganzen Corpo vor besagten Ort, begehrte durch einen Trompeter abermal die Übergab und drohete zu stürmen; es erfolgte aber nicht anders, als dieses nachgesetzte Schreiben:

Hochwohlgeborner Graf, etc. Aus E. Gräfl. Exzell. an mich Abgelassenem habe vernommen, was Dieselbe im Namen der Röm. Kais. Maj. an mich gesinnen: Nun wissen aber Euer Hoch-Gräfl. Exzell. Dero hohen Vernunft nach, wie übelanständig, ja unverantwortlich einem Soldaten fallen würde, wann er einen solchen Ort, wie dieser ist, dem Gegenteil ohne sonderbare Not einhändigte: Wessentwegen Dieselbe mich dann verhoffentlich nicht verdenken werden, wann ich mich befleißige zu verharren, bis die Waffen Euer Exzell. dem Ort zusprechen. Kann aber E. Exzell. meine

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