Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 151)

Schlang, und sagte: »Schildwacht merkst du was?« Ich antwortet: »Ja Herr Leutenant.« »Was da? Was da?« sagte er. Ich antwortet: »Ich merke, daß sich der Herr förchtet.« Von dieser Zeit an hatte ich kein Gunst mehr bei ihm, und wo es am ungeheursten war, wurde ich zum ersten hinkommandiert; ja er suchte an allen Orten und Enden Gelegenheit und Ursach, mir, noch ehe ich Fähnrich würde, das Wams auszuklopfen, weil ich mich gegen ihm nicht wehren dürfte. Nicht weniger feindeten mich auch alle Feldwaibel an, weil ich ihnen allen vorgezogen wurde. Was aber gemeine Knecht waren, die fiengen auch an, in ihrer Liebe und Freundschaft zu wanken, weil es das Ansehen hatte, als ob ich sie verachtete, indeme ich mich nicht sonderlich mehr zu ihnen, sondern wie obgemeldt, zu größern Hansen gesellete, die mich drum nicht desto lieber sahen. Das allerärgste war, daß mir kein einiger Mensch sagte, wie jedermann gegen mir gesinnet; so konnte ichs auch nicht merken, weil mir mancher die beste Wort unter Augen gabe, der mich doch lieber tot gesehen hätte! Ich lebte eben dahin wie ein Blinder, in aller Sicherheit, und wurde je länger je hoffärtiger, und wann ich schon wußte, daß es ein oder andern verdrosse, so ichs etwan denen von Adel und vornehmen Offiziern mit Pracht bevortät, so ließe ichs drum nicht unterwegen; ich scheute mich nicht, nachdem ich Gefreiter worden, ein Koller von sechzig Reichstalern, rote scharlachne Hosen und weiße atlassene Ärmel, überall mit Gold und Silber verbrämt, zu tragen, welches damals eine Tracht der höchsten Offizier war; darum stachs ein jeden in die Augen; ich war aber ein schröcklich junger Narr, daß ich den Hasen so laufen ließe; dann hätte ich mich anders gehalten, und das Geld, das ich so unnützlich an den Leib henkte, an gehörige Ort und End verschmieret, so hätte ich nicht allein das Fähnlein bald bekommen, sondern mir auch nicht so viel zu Feinden gemacht. Ich ließ es aber hierbei noch nicht bleiben, sondern butzte mein bestes Pferd, das Springinsfeld vom hessischen Rittmeister bekommen hatte, mit Sattel, Zeug und Gewehr dergestalt heraus, daß man mich, wann ich darauf saß, gar wohl vor einen andern Ritter S. Georgen hätte ansehen mögen. Nichts vexierte mich mehr, als daß ich mich keinen Edelmann zu sein wußte, damit ich meinen Knecht und Jungen auch in meine Liberei hätte kleiden mögen. Ich gedachte: Alle Ding hat seinen Anfang; wann du ein Wappen hast, so hast du schon ein eigene Liberei, und wenn du Fähnrich wirst, so mußt du ja ein Petschier haben, wenn du schon kein Junker bist: Ich war nicht lang mit solchen Gedanken schwanger gangen, als ich mir durch einen Comitem Palatinum ein Wappen geben ließe; das waren drei rote Larven in einem weißen Feld, und auf dem Helm ein Brustbild eines jungen Narrn, in kälbernem Habit, mit einem Paar Hasenohren, vornen mit Schellen geziert; denn ich dachte, dies schicke sich am besten zu meinem Namen, weil ich Simplicius hieße; so wollte ich mich auch des Narrn gebrauchen, mich in

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