Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 152)

meinem künftigen hohen Stand dabei zu erinnern, was ich zu Hanau vor ein Gesell gewesen, damit ich nicht gar zu hoffärtig würde, weil ich mich schon jetzt keine Sau zu sein bedünken ließe: Also wurde ich erst rechtschaffen der erste meines Namens, Stammens und Wappens, und wenn mich jemand damit hätte foppen wollen, so hätte ich ihm ohne Zweifel einen Degen oder paar Pistoln anpräsentiert.

Wiewohl ich damals noch nichts nach dem Weibervolk fragte, so gienge ich doch gleichwohl mit denen von Adel, wenn sie irgends Jungfrauen besuchten, deren es dann viel in der Stadt gabe, mich sehen zu lassen und mit meinen schönen Haaren, Kleidern und Federbüschen zu prangen. Ich muß bekennen, daß ich meiner Gestalt halber allen andern vorgezogen wurde, mußte aber daneben hören, daß mich die verwehnte Schleppsäck einem schönen und wohlgeschnitzten hölzernen Bild verglichen, an welchem außer der Schönheit sonst weder Kraft noch Saft wäre, dann es war sonst nichts an mir das ihnen gefiele; so konnte ich auch ohne das Lautenschlagen sonst noch nichts machen oder vorbringen, das ihnen angenehm gewest wäre, weil ich noch nichts vom Lieben wußte. Als mich aber auch diejenige, die sich um das Frauenzimmer umtun konnten, meiner holzböckischen Art und Ungeschicklichkeit halber anstachen, um sich selbst dadurch beliebter zu machen und ihre Wohlredenheit zu rühmen: Ich aber hingegen sagte, daß mirs genug seie, wenn ich noch zurzeit meine Freud an einem blanken Degen und einer guten Musketen hätte. Nachdem auch das Frauenzimmer diese meine Reden billichte, verdroß es sie so sehr, daß sie mir heimlich den Tod schwuren, ohnangesehen keiner war, der das Herz hatte, mich herauszufordern, oder Ursach zu geben, daß ich einen von ihnen gefordert hätte, dazu ein paar Ohrfeigen, oder sonst ziemlich empfindliche Wort, genug wären gewest, zudem ich mich auch ziemlich breit machte. Woraus das Frauenzimmer mutmaßete, daß ich ein resoluter Jüngling sein müßte; sagten auch unverhohlen, daß bloß meine Gestalt und rühmlicher Sinn bei einer Jungfer das Wort besser tun könne als alle andere Komplimenten, die Amor je erfunden; welches die Anwesende noch mehr verbitterte.

Das 12. Kapitel

Das Glück tut dem Jäger unversehens eine adeliche Verehrung.

Ich hatte zwei schöne Pferd, die waren alle meine Freud, die ich selbiger Zeit in der Welt genosse; alle Tag ritte ich mit denselben auf die Reitschul, oder sonst spazieren, wann ich sonst nichts zu tun hatte; nicht zwar, als hätten die Pferd noch etwas bedurft zu lernen, sondern ich täts darum, damit die Leut sehen sollten, daß die schöne Kreaturen mir zugehörten. Wann ich dann so durch eine Gasse daher prangte, oder vielmehr das Pferd mit mir dahintanzte, und das albere Volk zusahe und zueinander sagte: »Sehet, das ist der Jäger! Ach welch ein schön Pferd! Ach wie ein schöner Federbosch!« oder: »Min God, wat vor en prave Kerl is mi dat!« so spitzte ich die Ohren gewaltig und ließe mirs so sanft tun, als ob mich die Königin Nichaula dem weisen Salomon in seiner höchsten Majestät sitzend, verglichen hätte: Aber ich Narr hörete nicht, was vielleicht damals verständige

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