Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 154)
man mich bei den Haaren über sich zöge und einen Kübel voll kalt Wasser über mich abgösse; doch konnte ich nichts sehen, aber das Pferd stellte sich viel seltsamer, also daß ich mir nichts anders einbilden konnte, als ich müßte vielleicht mitsamt dem Pferd verzaubert sein und in demselben Keller mein Ende nemmen; derowegen wollte ich wieder zurück, aber mein Pferd tät mir nicht folgen, dahero wurde ich noch ängstiger, und so verwirrt, daß ich schier nicht wußte was ich tät. Zuletzt nahm ich eine Pistol auf den Arm und band das Pferd an einen starken Holderstock (der im Keller aufgewachsen war) der Meinung, aus dem Keller zu gehen und Leut in der Nähe zu suchen, die meinem Pferd wieder heraufhülfen; und indem ich so hiermit umgehe, fällt mir ein, ob nicht vielleicht in diesem alten Gemäur ein Schatz verborgen läge, dahero es so ungeheur sein möchte? Ich glaubte meinem Einfall, und sahe mich genauer um, und sonderlich in dem Eck, dahin mein Pferd so gar nicht wollte, wurde ich eines Stück Gemäurs gewahr, ohngefähr so groß als ein gemeiner Kammerladen, welches dem andern alten Gemäur beides, an der Farb und Arbeit nicht allerdings gleichte; da ich aber hinzugehen wollte, wurde mir abermal wie zuvor, nämlich als ob mir alle Haar gen Berg stünden, welches mich in meiner Meinung stärkte, daß nämlich ein Schatz daselbst verborgen sein müßte.
Zehen-, ja hundertmal lieber hätte ich Kugeln gewechselt, als mich in solcher Angst befunden. Ich wurde gequält und wußte doch nicht von wem, denn ich sahe oder hörete nichts; ich nahm das ander Pistol auch von meinem Pferd und wollte damit durchgehen und das Pferd stehen lassen, vermochte aber die Stegen nicht hinaufzukommen, weil mich, wie mich deuchte, ein starker Luft aufhielte; da lief mir erst die Katz den Buckel hinauf! Zuletzt fiel mir ein, ich sollte meine Pistoln lösen, damit die Bauren, so in der Nähe im Feld arbeiteten, mir zulieffen und mit Rat und Tat zu Hülf kämen; das tät ich, weil ich sonst kein Mittel, Rat noch Hoffnung hatte oder wußte aus diesem ungeheuren Wunderort zu kommen; ich war auch so erzürnt oder vielmehr so desperat (dann ich weiß selber nicht mehr wie mir gewesen ist), daß ich im Losschießen meine Pistol gerad an den Ort kehret, allwo ich vermeinte, daß die Ursach meiner seltsamen Begegnus steckte, und traf obangeregtes Stück Gemäur mit zweien Kuglen so hart, daß es ein Loch gab, darein man zwo Fäust hätte stecken mögen. Als der Schuß geschehen, wieherte mein Pferd und spitzt die Ohren, welches mich herzlich erquickte; nicht weiß ich, ist damals das Ungeheur oder Gespenst verschwunden, oder hat sich das arme Tier über das Schießen erfreut? Einmal, ich faßte wieder ein frisch Herz und gienge ganz unverhindert und ohn alle Forcht zu dem Loch, das ich erst durch den Schuß geöffnet hatte; da fienge ich an die Maur vollends einzubrechen und fande von Silber, Gold und Edelgesteinen einen solchen reichen Schatz, der mir noch bis auf diese Stund wohl bekäme, wenn ich