Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 157)

ihm wohl närrische Anschläg und seltsame Grillen ins Hirn und folgte doch keinem einigen Einfall, den ich kriegte: Einmal kam mirs in Sinn, ich sollte den Krieg quittiern, mich irgends hin setzen und mit einem schmutzigen Maul zum Fenster naus sehen; aber geschwind reute michs wieder, vornehmlich da ich bedachte, was vor ein freies Leben ich führte und was vor Hoffnung ich hatte, ein großer Hans zu werden; da gedachte ich dann: Hui Simplici, lasse dich adeln und werbe dem Kaiser ein eigene Kompagnie Dragoner aus deinem Säckel, so bist du schon ein ausgemachter junger Herr, der mit der Zeit noch hoch steigen kann. Sobald ich aber zu Gemüt führte, daß meine Hoheit durch ein einzig unglücklich Treffen fallen oder sonst durch einen Friedenschluß samt dem Krieg in Bälde ein End nehmen könnte, ließ ich mir diesen Anschlag auch nicht mehr belieben. Alsdenn fienge ich an, mir mein vollkommen männlich Alter zu wünschen, dann wann ich solches hätte, sagte ich zu mir selber, so nähmest du ein schöne junge reiche Frau, alsdenn kauftest du irgends einen adelichen Sitz und führtest ein geruhiges Leben; ich wollte mich auf die Viehzucht legen und mein ehrlich Auskommen reichlich haben können, da ich aber wußte, daß ich noch viel zu jung hierzu war, mußte ich diesen Anschlag auch fahren lassen. Solcher und dergleichen Einfäll hatte ich viel, bis ich endlich resolvierte, meine beste Sachen irgend hin in einer wohlverwahrten Stadt einem begüterten Mann in Verwahrung zu geben, und zu verharren, was das Glück ferner mit mir machen würde. Damals hatte ich meinen Jupiter noch bei mir, dann ich konnte seiner nicht los werden; derselbe redte zuzeiten sehr subtil und tät etliche Wochen gar klug sein, hatte mich auch über alle Maßen lieb, weil ich ihm viel Guts täte; und demnach er mich immer in tiefen Gedanken gehen sahe, sagte er zu mir: »Liebster Sohn, schenket Euer Schindgeld, Gold und Silber weg.« Ich sagte: »Warum ei, lieber Jove?« »Darum«, antwortet er, »damit Ihr Euch Freunde dadurch machet und Eurer unnützen Sorgen los werdet.« Ich sagte, daß ich lieber gern mehr hätte. Darauf sagte er: »So sehet, wo Ihr mehr bekommt; aber auf solche Weis werdet Ihr Euch Euer Lebtag weder Ruhe noch Freunde schaffen, laßt die alte Schabhäls geizig sein, Ihr aber haltet Euch, wie es einem jungen braven Kerl zustehet; Ihr sollt noch viel eher Mangel an guten Freunden als Geld erfahren.« Ich dachte der Sach nach und befande zwar, daß Jupiter wohl von der Sach redte, der Geiz aber hatte mich schon dergestalt eingenommen, daß ich gar nit gedachte etwas hinzuschenken; doch verehrte ich zuletzt dem Kommandanten ein paar silberne und übergüldte Duplet, meinem Hauptmann aber ein paar silberne Salzfässer, damit ich aber nichts anders ausrichtete, als daß ich ihnen nur das Maul auch nach dem übrigen wässerig machte, weil es rare Antiquitäten waren; meinem getreusten Kameraden Springinsfeld schenkte ich zwölf Reichstaler; der riete mir dagegen, ich sollte mein Reichtum von mir tun oder gewärtig sein, daß ich dadurch in Unglück käme, dann

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