Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 158)
die Offizier sähen nicht gern, daß ein gemeiner Soldat mehr Geld hätte als sie; so hätte er auch wohl ehemals gesehen, daß ein Kamerad den andern ums Gelds halber heimlich ermordet; bisher hätte ich wohl heimlich halten können, was ich an Beuten erschnappt, darin jedermann glaubte, ich hätte alles wieder an Kleider, Pferd und Gewehr gehenkt, nunmehr aber würde ich niemand kein Ding mehr verklaiben oder weismachen können, daß ich kein übrig Geld hätte, dann jeder machte den gefundenen Schatz jetzt größer, als er an sich selbst seie, und ich ohnedas nicht mehr wie hiebevor spendiere; er müsse oft hören, was unter der Bursch vorn Gemurmel gehe, sollte er an meiner Statt sein, so ließe er den Krieg Krieg sein, setzte sich irgend hin in Sicherheit und ließ den lieben Gott walten. Ich antwortet: »Hör, Bruder, wie kann ich die Hoffnung, die ich zu einem Fähnlein habe, so leichtlich in Wind schlagen?« »Ja, ja«, sagte Springinsfeld, »hol mich dieser und jener wenn du ein Fähnlein bekommst; die andere so auch darauf hoffen, sollten dir ehe tausend mal den Hals brechen helfen, wenn sie sehen, daß eins ledig, und du bekommen solltest; lerne mich nur keine Karpfen kennen, dann mein Vatter ist ein Fischer gewest: Halt mirs zugut Bruder, denn ich länger zugesehen habe, wie es im Krieg hergehet, als du; siehest du nicht, wie mancher Feldwaibel bei seinem kurzen Gewehr grau wird, der vor vielen eine Kompagnie zu haben meritierte; vermeinest du, sie seien nicht auch Kerl, die etwas haben hoffen dürfen? zudem so gebühret ihnen von Rechts wegen mehr als dir solche Beförderung wie du selber erkennest.« Ich mußte schweigen, weil Springinsfeld aus einem teutschen aufrichtigen Herzen mir die Wahrheit so getreulich sagte, und nicht heuchelte, jedoch bisse ich die Zähn heimlich übereinander, dann ich bildete mir damals trefflich viel ein.
Doch erwog ich diese und meines Jupiters Reden sehr fleißig und bedachte, daß ich keinen einigen angebornen Freund hätte, der sich meiner in Nöten annehmen oder meinen Tod, er geschehe heimlich oder öffentlich, rächen würde; auch konnte ich mir leicht einbilden, wie die Sach an sich selbsten war, dennoch aber ließe weder mein Ehr- noch Geldgeiz zu, viel weniger die Hoffnung groß zu werden, den Krieg zu quittiern und mir Ruhe zu schaffen, sondern ich verbliebe bei meinem ersten Vorsatz; und indem sich eben eine Gelegenheit auf Köln präsentierte (indem ich neben hundert Dragonern etliche Kaufleut und Güterwägen von Münster dorthin konvoyiern helfen mußte), packte ich meinen gefundenen Schatz zusammen, nahme ihn mit und gab ihn einem von den vornehmsten Kaufleuten daselbst gegen Aushändigung einer spezifizierten Handschrift aufzuheben; das waren vierundsiebenzig Mark ungemünzt fein Silber, funfzehen Mark Gold, achtzig Joachimstaler und in einem verpetschierten Kästlein unterschiedliche Ringe und Kleinodien; so mit Gold und Edelgesteinen achthalb Pfund in allem gewogen, samt 893 antikische gemünzte Goldstück, deren jedes anderthalbe Goldgülden schwer war. Meinen Jupiter bracht ich auch dahin, weil ers begehrte und in Köln ansehenliche Vewandten hatte; gegen denselben rühmte er die Guttaten, die er von mir empfangen, und machte, daß