Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 160)
an der Salve, welche die Unserigen empfiengen, was die Glock geschlagen, trachtete derowegen nach der Flucht; aber der Kornett hatte alles vorbedacht und uns den Paß schon abgeschnitten, und indeme ich durchzuhauen bedacht war, botte er mir, weil er mich vor einen Offizier ansahe, nochmals Quartier an; ich gedachte, das Leben eigentlich davonzubringen, ist besser als ein ungewisse Hazart, sagte derowegen: Ob er mir Quartier halten wollte, als ein redlicher Soldat? Er antwortet: Ja rechtschaffen! Also präsentierte ich ihm meinen Degen und gab mich dergestalt gefangen; er fragte mich gleich, was ich vor einer seie, dann er sähe mich vor einen Edelmann, und also auch vor einen Offizier an? Da ich ihm aber antwortet, ich würde der Jäger von Soest genannt, antwortet er: »So hat Er gut Glück, daß Er uns vor vier Wochen nicht in die Händ geraten, dann zu selbiger Zeit hätte ich Ihm kein Quartier geben noch halten dürfen, dieweil man Ihn damal bei uns vor einen offentlichen Zauberer gehalten hat.«
Dieser Kornett war ein dapferer junger Cavallier, und nicht über zwei Jahr älter als ich; er erfreute sich trefflich, daß er die Ehr hatte, den berühmten Jäger gefangen zu haben; deswegen hielte er auch das versprochen Quartier sehr ehrlich und auf holländisch, deren Gebrauch ist, ihren gefangenen spanischen Feinden von demjenigen, was der Gürtel beschleußt, nichts zu nemmen; ja er ließe mich nicht einmal visitieren; ich aber war selbst der Bescheidenheit, das Geld aus meinen Schubsäcken zu tun und ihnen solches zuzustellen, da es an ein Partens gienge; sagte auch dem Kornett heimlich, er sollte sehen, daß ihm mein Pferd, Sattel und Zeug zuteil würde, dann er im Sattel 30 Dukaten finden würde, und das Pferd ohnedas seinesgleichen schwerlich hätte. Von deswegen wurde mir der Kornett so hold, als ob ich sein leiblicher Bruder wäre; er saße auch gleich auf mein Pferd und ließ mich auf dem seinigen reuten. Von der Konvoi aber blieben nicht mehr als 6 tot, und 13 wurden gefangen, darunter 8 beschädigt, die übrigen giengen durch und hatten das Herz nicht, dem Feind im freien Feld die Beut wieder abzujagen, das sie fein hätten tun können, weil sie alle zu Pferd waren.
Nachdem die Beuten und Gefangene geteilet worden, giengen die Schweden und Hessen (denn sie waren aus unterschiedlichen Garnisonen) noch selbigen Abend voneinander; mich und den Korporal, samt noch dreien Dragonern, behielt der Kornett, weil er uns gefangen bekommen; dahero wurden wir in eine Festung geführet, die nicht gar zwei Meilen von unserer Garnison lag. Und weil ich hiebevor demselben Ort viel Dampfs angetan, war mein Nam daselbst wohl bekannt, ich selber aber mehr geförcht als geliebt: Da wir die Stadt vor Augen hatten, schickte der Kornett einen Reuter voran, seine Ankunft dem Kommandanten zu verkünden, auch anzuzeigen, wie es abgeloffen, und wer die Gefangene seien; davon es ein Geläuf in der Stadt gäb, daß nit auszusagen, weil jeder den Jäger gern sehen wollte; da sagte einer dies, der ander jenes von mir, und war nicht anders anzusehen, als ob ein großer Potentat