Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 162)
Darauf fragten sie mich um mein Vatterland, Herkommen und Geburt, und vornehmlich, ob ich nit auch auf schwedischer Seiten gedient hätte? item, wie es in Soest beschaffen? wie stark selbige Garnison sei, und was des Dings mehr ist, etc. Ich antwortet auf alles behend, kurz und gut, und zwar wegen Soest und selbiger Garnison, so viel als ich zu verantworten getraute, konnte aber wohl verschweigen, daß ich das Narrnhandwerk getrieben, weil ich mich dessen schämte.
Das 15. Kapitel
Mit welchen Conditionibus der Jäger wieder los worden.
Indessen erfuhr man zu Soest, wie es mit der Konvoi abgeloffen, und daß ich mit dem Korporal und andern mehr gefangen, auch wo wir hingeführt worden; derhalben kam gleich den andern Tag ein Trommelschlager, uns abzuholen; dem wurde der Korporal und die drei andere gefolgt und ein Schreiben mitgegeben folgenden Inhalts, das mir der Kommandant zu lesen überschickte:
Monsieur, etc. Durch Wiederbringern, diesen Tambour, ist mir dessen Schreiben eingehändigt worden, schicke darauf hiermit gegen empfangener Ranzion den Korporal, samt den übrigen dreien Gefangenen; was aber Simplicium den Jäger anbelangt, kann selbiger, weil er hiebevor auf dieser Seiten gedient, nicht wieder hinübergelassen werden. Kann ich aber dem Herrn im übrigen außerhalb Herrnpflichten in etwas bedient sein, so hat derselbe an mir einen willigen Diener, als der ich so weit bin und verbleibe
Des Herrn
Dienst-bereitwilliger
N. de S. A.
Dieses Schreiben gefiel mir nicht halb, und mußte mich doch vor die Kommunikation bedanken. Ich begehrte mit dem Kommandanten zu reden, bekam aber die Antwort, daß er schon selbst nach mir schicken würde, wenn er zuvor den Trommelschlager abgefertigt hätte, so morgen früh geschehen sollte, bis dahin ich mich zu gedulden. Da ich nun die bestimmte Zeit überwartet hatte, schickte der Kommandant nach mir, als es eben Essenszeit war; da widerfuhr mir das erstemal die Ehr, zu ihm an seine Tafel zu sitzen; solang man aße, ließe er mir mit dem Trunk zusprechen und gedachte weder Klein noch Großes von demjenigen, was er mit mir vorhatte, und mir wollte es auch nicht anstehen, etwas davon anzufangen. Demnach man aber abgesessen und ich einen ziemlichen Dummel hatte, sagte er: »Lieber Jäger, Ihr habt aus meinem Schreiben verstanden, unter was vor einem Prätext ich Euch hier behalte; und zwar, so hab ich gar kein unrechtmäßige Sach oder etwas vor, das wider Räson oder Kriegsgebrauch wäre, dann Ihr habt mir und dem Regimentsschultheiß selbst gestanden, daß Ihr hiebevor auf unserer Seiten bei der Hauptarmee gedienet, werdet Euch derhalben resolvieren müssen, unter meinem Regiment Dienst anzunehmen; so will ich Euch mit der Zeit, und wenn Ihr Euch wohl verhaltet, dergestalt akkommodieren, dergleichen Ihr bei den Kaiserlichen nimmer hättet hoffen dürfen: Widerigenfalls werdet Ihr mich nicht verdenken, wenn ich Euch wiederum demjenigen Obristleutenant überschicke, welchem Euch die Dragoner hiebevor abgefangen haben.« Ich antwortet: »Hochgeehrter Herr Obrist (denn damals war noch nicht der Brauch, daß man Soldaten von Fortun ›Ihr Gnaden‹ titulierte, ob sie gleich Obriste waren) ich hoffe, weil ich der Kron Schweden, noch deren Konföderierten, viel weniger dem Obristeleutenant niemalen mit Eid verpflichtet,