Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 164)
fördern und ihren Schaden nach Müglichkeit wenden, ja wenn der Ort feindlich attackiert würde, denselben defendieren helfen sollte und wollte.
Hierauf behielte er mich wieder bei dem Mittagimbiß und tät mir mehr Ehr an, als ich von den Kaiserlichen mein Lebtag hätte hoffen dürfen; dadurch gewann er mich dergestalt nach und nach, daß ich nit wieder nach Soest gangen wäre, wenn er mich schon dahin lassen und meines Versprechens ledig zählen wollen.
Das 16. Kapitel
Wie Simplicius ein Freiherr wird.
Wann ein Ding sein soll, so schickt sich alles dazu; ich vermeinte, das Glück hätte mich zur Ehe genommen oder wenigst sich so eng zu mir verbunden, daß mir die allerwiderwärtigste Begegnussen zum besten gedeihen müßten, da ich über des Kommandanten Tafel saße und vernahm, daß mein Knecht mit meinen zwei schönen Pferden von Soest zu mir kommen wäre; ich wußte aber nicht (wie ichs hernach im Auskehren befand), daß das tückische Glück der Syrenen Art an sich hat, die demjenigen am übelsten wollen, denen sie sich am geneigtesten erzeigen, und einen der Ursach halber desto höher hebt, damit es ihn hernach desto tiefer stürze.
Dieser Knecht (den ich hiebevor von den Schweden gefangen bekommen hatte) war mir über alle Maßen getreu, weil ich ihm viel Guts tät; dahero sattelt er alle Tag meine Pferd und ritte dem Trommelschlager, der mich abholen sollte, ein gut Stück Wegs von Soest aus entgegen, solang er aus war, damit ich nicht allein nicht so weit gehen, sondern auch nit nackend oder zerlumpt (dann er vermeinte, ich wäre ausgezogen worden) in Soest kommen dürfte. Also begegnet er dem Trommelschlager und seinen Gefangenen, und hatte mein bestes Kleid aufgepackt. Da er mich aber nicht sahe, sondern vernahm, daß ich bei dem Gegenteil Dienst anzunehmen aufgehalten werde, gab er den Pferden die Sporn und sagte: »Adjeu Tambour und Ihr Korporal, wo mein Herr ist, da will ich auch sein«; gieng also durch und kam zu mir, eben als mich der Kommandant ledig gesprochen hatte und mir große Ehr antät. Er verschaffte darauf meine Pferd in ein Wirtshaus, bis ich mir selbsten ein Logiment nach meinem Willen bestellen möchte, und priese mich glückselig wegen meines Knechts Treu, verwundert sich auch, daß ich als ein gemeiner Dragoner, und noch so junger Kerl, so schöne Pferd vermögen und so wohl mondiert sein sollte, lobte auch das eine Pferd, als ich Valet nahm und in besagtes Wirtshaus gieng, so trefflich, daß ich gleich merkte, daß er mirs gern abgekauft hätte; weil er mirs aber aus Diskretion nicht feil machte, sagte ich, wenn ich die Ehr begehren dürfte, daß ers von meinetwegen behalten wollte, so stünde es zu seinen Diensten; er schlugs aber anzunehmen rund ab, mehr darum, dieweil ich ein ziemlichen Rausch hatte und er die Nachred nicht haben wollte, daß er einem Trunkenen etwas abgeschwätzt, so ihn vielleicht nüchtern reuen möchte, als daß er des edlen Pferds gern gemangelt.
Dieselbige Nacht bedachte ich, wie ich künftig mein Leben anstellen wollte: Entschloß mich derohalben, die sechs Monat über zu verbleiben wo ich wäre, und