Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 17)
uns oft mit Schnecken und Fröschen, so war uns auch mit Reußen und Anglen das Fischen nicht zuwider, indem ohnweit von unserer Wohnung ein fisch- und krebsreicher Bach hinfloß, welches alles unser grob Gemüs hinunder convoyieren mußte; wir hatten auf eine Zeit ein junges wildes Schweinlein aufgefangen, welches wir in einen Pferch versperret, mit Eicheln und Buchen auferzogen gemästet und endlich verzehret, weil mein Einsiedel wußte, daß solches keine Sünde sein könnte, wann man genießet, was Gott dem ganzen menschlichen Geschlecht zu solchem End erschaffen; Salz brauchten wir wenig, und von Gewürz gar nichts, dann wir dürften den Lust zum Trunk nicht erwecken, weil wir keinen Keller hatten, die Notdurft an Salz gab uns ein Pfarrer, der ohngefähr drei Meil Wegs von uns wohnete, von welchem ich noch viel zu sagen habe.
Unsern Hausrat betreffend, dessen war genug vorhanden, dann wir hatten eine Schaufel, eine Haue, eine Axt, ein Beil und einen eisernen Hafen zum Kochen, welches zwar nicht unser eigen, sondern von obgemeldtem Pfarrer entlehnet war; jeder hatte ein abgenütztes stumpfes Messer, selbige waren unser Eigentum, und sonsten nichts; ferner bedorften wir auch weder Schüsseln, Deller, Leffel, Gabeln, Kessel, Pfannen, Rost, Bratspieß, Salzbüchs noch ander Tisch- und Küchengeschirr, dann unser Hafen war zugleich unser Schüssel, und unsere Hände waren auch unsere Gabeln und Leffel, wollten wir aber trinken, so geschahe es durch ein Rohr aus dem Brunnen, oder wir henkten das Maul hinein, wie Gedeons Kriegsleute. Von allerhand Gewand, Wollen, Seiden, Baumwollen und Leinen, beides zu Betten, Tischen und Tapezereien, hatten wir nichts, als was wir auf dem Leib trugen, weil wir vor uns genug zu haben schätzten, wann wir uns vor Regen und Frost beschützen könnten. Sonsten hielten wir in unserer Haushaltung keine gewisse Regul oder Ordnung, außerhalb an Sonn- und Feiertägen, an welchen wir schon um Mitternacht hinzugehen anfiengen, damit wir noch frühe genug, ohne männiglichs Vermerken, in obgemeldten Pfarrherrns Kirche, die etwas vom Dorf abgelegen war, kommen, und dem Gottesdienst abwarten können; in derselben verfügten wir uns auf die zerbrochne Orgel, an welchem Ort wir sowohl auf den Altar als zu der Kanzel sehen konnten. Als ich das erste Mal den Pfarrherrn auf dieselbige steigen sahe, fragete ich meinen Einsiedel, was er doch in demselben großen Zuber machen wollte? Nach verrichtetem Gottesdienst aber giengen wir ebenso verstohlen wieder heim, als wir hinkommen waren, und nachdem wir mit müdem Leib und Füßen zu unserer Wohnung kamen, aßen wir mit guten Zähnen übel, alsdann brachte der Einsiedel die übrige Zeit zu mit Beten, und mich in gottseligen Dingen zu unterrichten.
An den Werktägen täten wir, was am nötigsten zu tun war, je nachdem sichs fügte, und solches die Zeit des Jahrs, und unser Gelegenheit erforderte; einmal arbeiteten wir im Garten, das ander Mal suchten wir den feisten Grund an schattigten Orten und aus hohlen Bäumen zusammen, unsern Garten, anstatt der Tung, damit zu bessern; bald flochten wir Körbe oder Fischreußen, oder machten Brennholz, fischten, oder täten ja so etwas wider den Müßiggang. Und unter allen diesen Geschäften ließe der Einsiedel