Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 176)

die schon verheuratet war, bald merkte und dahero mir und meinem lieben Mägdlein alle Päß verlegte, damit wir nicht so oft wie zuvor allein beisammen sein sollten, denn sie sahe wohl, daß mich ihre Schwester von Herzen liebte und daß die Sach in die Läng kein gut tun würde.

Es ist ohnnötig, alle Torheiten meiner Leffelei umständlich zu erzählen, weil dergleichen Possen ohnedas alle Liebesschriften voll sein. Genug ists, wenn der günstige Leser weiß, daß es zuletzt dahin kam, daß ich erstlich mein liebes Dingelgen zu küssen, und endlich auch andere Narrnpossen zu tun mich erkühnen dorfte; solchen erwünschten Fortgang verfolgte ich mit allerhand Reizungen, bis ich bei Nacht von meiner Liebsten eingelassen wurde und mich so hübsch zu ihr ins Bett fügte, als wenn ich zu ihr gehört hätte. Weil jedermann weiß, wie es bei dergleichen Kürben pfleget gemeiniglich herzugehen, so dürfte sich wohl der Leser einbilden, ich hätte etwas Ungebührliches begangen: Jawohl nein! dann alle meine Gedanken waren umsonst, ich fand einen solchen Widerstand, dergleichen ich mir nimmermehr bei keinem Weibsbild anzutreffen gedenken können, weil ihr Absehen einig und allein auf Ehr und den Ehestand gegründet war, und wenn ich ihr solchen gleich mit den allergrausamsten Flüchen versprach, so wollte sie jedoch vor der ehelichen Kopulation kurzum nichts geschehen lassen, doch gönnete sie mir, auf ihrem Bett neben ihr liegen zu bleiben, auf welchem ich auch ganz ermüdet vor Unmut sanft einschlummerte. Ich wurde aber gar ungestümm aufgeweckt; dann morgens um vier Uhr stund der Obristleutenant vorm Bett, mit einer Pistol in der einen und einer Fackel in der andern Hand. »Krabat«, schriee er überlaut seinem Diener zu, der auch mit einem bloßen Säbel neben ihm stunde, »geschwind Krabat, hole den Pfaffen!« Wovon ich dann erwachte und sahe, in was vor einer Gefahr ich mich befande. »O wehe«, gedacht ich, »du sollest gewiß zuvor beichten, ehe er dir den Rest gibt!« Es wurde mir ganz grün und gelb vor den Augen, und wußte nicht, ob ich sie recht auftun sollte oder nit? »Du leichtfertiger Gesell«, sagte er zu mir, »soll ich dich finden, daß du mein Haus schändest? tät ich dir unrecht, wenn ich dir und dieser Vettel, die deine Hur worden ist, den Hals bräche? Ach du Bestia, wie kann ich mich doch nur enthalten, daß ich dir nit das Herz aus dem Leib herausreiße und zu kleinen Stücken zerhackt den Hunden darwerfe?« damit bisse er die Zähn übereinander, und verkehrte die Augen, als ein unsinnig Tier. Ich wußte nicht was ich sollte, und meine Beischläferin konnte nichts als weinen; endlich da ich mich ein wenig erholete, wollte ich etwas von unserer Unschuld vorbringen, er aber hieße mich das Maul halten, indem er wieder auf ein neues anfienge, mir aufzurucken, daß er mir viel ein anders vertraut, ich aber hingegen ihn mit der allergrößten Untreu von der Welt gemeint hätte: Indessen kam seine Frau auch dazu, die fieng eine nagelneue Predigt an, also daß ich wünschte, ich läge irgends in einer Dornhecken; ich glaub auch, sie hätte in

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