Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 180)

ich, denn er war karg; da wurde erst mit mir geredt, was ich vor eine Handierung treiben, und wie ich die Haushaltung anstellen wollte; da merkte ich erst, daß ich meine edle Freiheit verloren hatte und unter einer Bottmäßigkeit leben sollte. Ich ließe mich gar gehorsamlich an und begehrte zuvor meines lieben Schwährvattern als eines verständigen Cavalliers getreuen Rat zu vernehmen und dem zu folgen, welche Antwort der Kommandant lobte und sagte: »Dieweil er ein junger frischer Soldat ist, so wäre es ein große Torheit, wann er mitten in jetzigen Kriegsläuften ein anders als das Soldatenhandwerk zu treiben vor die Hand nähme; es ist weit besser, sein Pferd in eines andern Stall zu stellen, als eines andern in dem seinigen zu füttern; was mich anbelangt, so will ich ihm ein Fähnlein geben, wann er will.« Mein Schwähr und ich bedankten sich, und ich schlugs nit mehr aus wie zuvor, wiese doch dem Kommandanten des Kaufmanns Handschrift, der meinen Schatz zu Köln in Verwahrung hat. »Dieses«, sagte ich, »muß ich zuvor holen, ehe ich schwedische Dienst annehme; dann sollte man gewahr werden, daß ich ihrem Gegenteil dienete, so werden sie mir zu Köln die Feige weisen und das Meinige behalten, welches sich so leichtlich nicht im Weg finden läßt.« Sie gaben mir beide recht, und wurde also zwischen uns dreien abgeredt, zugesagt und beschlossen, daß ich in wenig Tagen mich nach Köln begeben, meinen Schatz dort erheben, mich nachgehends wieder damit in der Festung einstellen, und ein Fähnlein annehmen sollte; dabei wurde auch ein Tag ernennet, an welchem meinem Schwährvatter eine Kompagnie samt der Obristleutenantstelle bei des Kommandanten Regiment übergeben werden sollte, dann sintemal der Graf von Götz damals mit vielen kaiserlichen Völkern in Westfalen lag und sein Quartier zu Dortmund hatte, versahe sich der Kommandant auf den künftigen Frühling einer Belägerung und bewarbe sich dahero um gute Soldaten, wiewohl diese Sorg vergeblich war, dieweil ermeldter Graf von Götz, weil Johann de Werd im Brißgäu geschlagen worden, selbigen Frühling Westfalen quittieren und am Ober-Rheinstrom wegen Breisach wider den Fürsten von Weimar agieren mußte.

Das 23. Kapitel

Simplicius kommt in eine Stadt, die er zwar nur pro forma Köln nennet, seinen Schatz abzuholen.

Es schickt sich ein Ding auf mancherlei Weis: des einen Unstern kommt staffelweis und allgemach, und einen andern überfällt das seinige mit Haufen; das meinige aber hatte einen so süßen und angenehmen Anfang, daß ich mirs wohl vor kein Unglück, sondern vor das höchste Glück rechnete. Kaum über acht Tag hatte ich mit meinem lieben Weib im Ehestand zugebracht, da ich in meinem Jägerkleid, mit einem Feurrohr auf der Achsel, von ihr und ihren Freunden meinen Abschied nahm; ich schliche mich glücklich durch, weil mir alle Weg bekannt, also daß mir keine Gefahr unterwegs aufstieße, ja ich wurde von keinem Menschen gesehen, bis ich nacher Dütz, so gegen Köln über, diesseits Rhein liegt, vor den Schlagbaum kam. Ich aber sahe viel Leut sonderlich einen Bauren im Bergischen Land, der mich allerdings an meinen Knan im Spessert gemahnte, sein Sohn aber

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