Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 184)
wie obgemeldt, unterschiedliche Handierungen, dadurch er Geld zusammenkratzte; er zehrte mit seinen Kostgängern und seine Kostgänger nit mit ihm, und er hätte sich und sein Hausgesind mit demjenigen, was sie ihm eintrugen, gar reichlich ernähren können, wenns der Schindhund nur dazu hätte angewendet, aber er mästete uns auf schwäbisch und hielte gewaltig zurück; ich aße anfangs nit mit seinen Kostgängern, sondern mit seinen Kindern und Gesind weil ich nit viel Geld bei mir hatte; da setzte es schmale Bißlein, so meinem Magen, der nunmehr zu den westfälischen Traktamenten gewehnet war, ganz spanisch vorkam; kein gut Stück Fleisch kriegten wir auf den Tisch, sondern nur dasjenige, so acht Tag zuvor von der Studenten Tafel getragen, von denselben zuvor überall wohl benagt, und nunmehr vor Alter so grau als Mathusalem worden war; darüber machte dann die Kostfrau (welche die Küche selbst versehen mußte, denn er dingte ihr keine Magd) ein schwarze saure Brüh und überteufelts mit Pfeffer; da wurden dann die Beiner so sauber abgeschleckt, daß man alsbald Schachstein daraus hätte drehen können, und doch waren sie alsdann noch nit recht ausgenutzt, sondern sie kamen in einen hierzu verordneten Behalter, und wenn unser Geizhals deren ein Quantität beisammen hatte, mußten sie erst klein zerhackt und das übrige Fett bis auf das alleräußerste herausgesotten werden; nicht weiß ich, wurden die Suppen daraus geschmälzt, oder die Schuh damit geschmiert. An den Fasttägen, deren mehr als genug einfielen und alle solenniter gehalten wurden, weil der Hausvatter diesfalls gar gewissenhaft war, mußten wir uns mit stinkenden Bückingen, versalznen Polchen, faulen Stock- und andern abgestandenen Fischen herumbeißen, dann er kieffe alles der Wohlfeile nach und ließ sich die Mühe nicht dauren, zu solchem Ende selbst auf den Fischmarkt zu gehen und anzupacken, was jetzt die Fischer auszuschmeißen im Sinn hatten. Unser Brod war gemeiniglich schwarz und altbachen, der Trank aber ein dinn saur Bier, das mir die Därm hätte zerschneiden mögen, und mußte doch gut abgelegen Märzenbier heißen. Überdas vernahm ich von seinem teutschen Knecht, daß es Sommerszeit noch schlimmer hergehe; dann da sei das Brod schimmlich, das Fleisch voller Würm, und ihre beste Speisen wäre irgends zu Mittags ein paar Rettich und auf den Abend eine Handvoll Salat. Ich fragte, warum er dann bei dem Filz bleibe? da antwort er mir, daß er die meiste Zeit auf der Reis seie, und derhalben mehr auf der Reisenden Trinkgelter, als seinen Schimmeljuden bedacht sein müßte; er getraute seinem Weib und Kindern nicht in Keller, weil er ihm selbsten den Tropfwein kaum gönnete, und seie in Summa ein solcher Geldwolf, dergleichen kaum noch einer zu finden; das so ich bisher gesehen, sei noch nichts; wenn ich noch ein Weil da verbliebe, würde ich gewahr nemmen, daß er sich nicht schäme, einen Esel um ein Fettmönch zu schinden. Einsmals brachte er sechs Pfund Sülzen oder Rindernkuttlen heim; das setzte er in seinen Speiskeller, und weil zu seiner Kinder großem Glück das Tagfenster offen stund, banden sie ein Eßgabel an einen Stecken und angelten damit alle Kuttelfleck heraus, welche sie also