Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 193)

bekam die Ehr davon, daß ich am besten agiert hätte. Nachgehends setzte ich mich auf einen Felsen, und fieng an den Verlust meiner Liebsten mit erbärmlichen Worten und einer traurigen Melodei zu beklagen, und alle Kreaturen um Mitleiden anzurufen; darauf stellten sich allerhand zahme und wilde Tier, Berg, Bäum und dergleichen bei mir ein, also daß es in Wahrheit ein Ansehen hatte, als ob alles mit Zauberei übernatürlicher Weis wäre zugericht worden. Keinen andern Fehler begieng ich, als zuletzt, da ich allen Weibern abgesagt, von den Bacchis erwürgt und ins Wasser geworfen war (welches zugericht gewesen, daß man nur meinen Kopf sahe, denn mein übriger Leib stunde unter der Schaubühne in guter Sicherheit), da mich der Drach benagen sollte, der Kerl aber so im Drachen stak, denselben zu regieren, meinen Kopf nicht sehen konnte, und dahero des Drachen Kopf neben dem meinigen grasen ließe; das kam mir so lächerlich vor, daß ich mir nit abbrechen konnte, darüber zu schmollen, welches die Dames, so mich gar wohl betrachteten, in acht nahmen.

Von dieser Comoedia bekam ich neben dem Lob, das mir männiglich gab, nicht allein eine treffliche Verehrung, sondern ich kriegte auch einen andern Namen, indem mich forthin die Franzosen nicht anders als Beau Alman nenneten. Es wurden noch mehr dergleichen Spiel und Ballett gehalten, dieweil man die Faßnacht zelebrierte, in welchen ich mich gleichfalls gebrauchen ließe, befand aber zuletzt, daß ich von andern geneidet wurde, weil ich die Spectatores, und sonderlich die Weiber gewaltig zoge, ihre Augen auf mich zu wenden; tät michs derowegen ab, sonderlich als ich einsmals ziemlich Stöß kriegte, da ich als ein Hercules, gleichsam nackend in einer Löwenhaut, mit Acheloo um die Dejaniram kämpfte, da man mirs gröber machte, als in einem Spiel der Gebrauch ist.

Das 4. Kapitel

Beau Alman wird wider seinen Willen in den Venusberg geführt.

Hierdurch wurde ich bei hohen Personen bekannt, und es schien, als ob mir das Glück wieder auf ein neues hätte leuchten wollen, dann mir wurden gar des Königs Dienste angebotten, welches manchem großen Hansen nicht widerfährt. Einsmals kam ein Lakai, der sprach meinen Monsigneur Canard an, und bracht ihm meinetwegen ein Brieflein, eben als ich bei ihm in seinem Laboratorio saße und reverberierte (denn ich hatte aus Lust bei meinem Doktor schon perlutiern, resolviern, sublimiern, koagulieren, digeriern, kalciniern, filtriern und dergleichen unzählich viel alchimistische Arbeit gelernet, dadurch er seine Arzneien zuzurichten pflegte). »Monsieur Beau Alman«, sagte er zu mir, »dies Schreiben betrifft Euch: Es schicket ein vornehmer Herr nach Euch, der begehrt, Ihr wollet gleich zu ihm kommen, er wolle Euch ansprechen und vernehmen, ob Euch nicht beliebe, seinen Sohn auf der Lauten zu informieren? Er bitt, Euch zuzusprechen, daß Ihr ihm diesen Gang nit abschlagen wollet, mit sehr cortoisem Versprechen, Euch diese Mühe mit freundlicher Dankbarkeit zu belohnen.« Ich antwortet, wenn ich seinet (verstehe Monsigneur Canard) wegen jemand würde dienen können, so würde ich meinen Fleiß nit sparen; darauf sagte er, ich sollte mich nur anders anziehen, mit diesem Lakaien zu gehen; indessen bis ich fertig, wollte er

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