Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 197)

Gold und Perlen gestickt, also daß ich nach dem Bad dort saße zu protzen, wie der Herzkönig. Indessen mir nun meine Alte das Haar trücknet und kämpelt, dann sie pflegte meiner wie einem Fürsten oder kleinen Kinde, trug mehrgemeldtes Jungfräulein die Speisen auf, und nachdem der Tisch überstellt war, tratten drei heroische junge Damen in den Saal, welche ihre alabasterweiße Brüste zwar ziemlich weit entblößt trugen, vor den Angesichtern aber ganz vermaskiert; sie dünkten mich alle drei vortrefflich schön zu sein, aber doch war eine viel schöner als die ander; ich machte ihnen ganz stillschweigend einen tiefen Bückling und sie bedankten sich gegen mir mit gleichen Zeremonien, welches natürlich sahe, als ob etliche Stummen beieinander gewesen, so die Redende agiert hätten; sie setzten sich alle drei zugleich nieder, daß ich also nit erraten konnte, welche die vornehmste unter ihnen gewesen, viel weniger welcher ich zu dienen da war; die erste Red war, ob ich nit Französisch könnte? Meine Landsmännin sagte: Nein. Hierauf versetzte die ander: Sie sollte mir sagen, ich wollte belieben niederzusitzen; als solches geschehen, befohl die dritte meiner Dolmetschin, sie sollte sich auch setzen: Woraus ich abermal nicht abnehmen mögen, welche die vornehmste unter ihnen war. Ich saße neben der Alten gerad gegen diesen dreien Damen über, und ist demnach meine Schönheit ohn Zweifel neben einem so alten Geribb desto besser hervorgeschienen. Sie blickten mich alle drei sehr andächtig an, und ich dürfte schwören, daß sie viel hundert Seufzen gehen ließen: Ihre Augen konnte ich nit sehen funklen wegen der Masken, die sie vor sich hatten. Meine Alte fragte mich (sonst konnte niemand mit mir reden), welche ich unter diesen dreien vor die schönste hielte? Ich antwortet, daß ich keine Wahl darunter sehen könnte; hierüber fieng sie an zu lachen, daß man ihr alle vier Zähn sahe, die sie noch im Maul hatte, und fragte: »Warum das?« Ich antwortet, weil ich sie nit recht sehen könnte; doch soviel ich sähe, wären sie alle drei nit häßlich. Dieses, was die Alte gefragt und ich geantwort, wollten die Damen wissen; mein Alte verdolmetschte es, und log noch dazu, ich hätte gesagt, einer jeden Mund wäre hunderttausendmal küssenswert! denn ich konnte ihnen die Mäuler unter den Masken wohl sehen, sonderlich deren, so gerad gegen mir über saße. Mit diesem Fuchsschwanz machte die Alte, daß ich dieselbe vor die vornehmste hielte und sie auch desto eiferiger betrachtete. Dies war all unser Diskurs über Tisch, und ich stellte mich, als ob ich kein französisch Wort verstünde. Weil es dann so still hergieng, machten wir desto ehe Feirabend: Darauf wünschten mir die Damen eine gute Nacht und giengen ihres Wegs, denen ich das Geleit nit weiter, als bis an die Tür geben dürfte, so die Alte gleich nach ihnen zuriegelte. Da ich das sahe, fragte ich, wo ich dann schlafen müßte? Sie antwortet, ich müßte bei ihr in gegenwärtigem Bett vorliebnehmen. Ich sagte, das Bett wäre gut genug, wenn nur auch eine von jenen dreien darin läge! »Ja«, sagte die Alte, »es wird Euch

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