Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 198)
fürwahr heunt keine von ihnen zuteil.« Indem wir so plauderten, zog eine schöne Dam, die im Bett lag, den Umhang etwas zurück und sagte zu der Alten sie sollte aufhören zu schwätzen, und schlafen gehen. Darauf nahm ich ihr das Liecht und wollte sehen, wer im Bett läge? Sie aber leschte solches aus und sagte: »Herr, wenn Ihm Sein Kopf lieb ist, so unterstehe Er sich dessen nit, was Er im Sinn hat; Er lege sich, und sei versichert, da Er mit Ernst sich bemühen wird, diese Dame wider ihren Willen zu sehen, daß Er nimmermehr lebendig von hinnen kommt!« Damit gieng sie durch, und beschloß die Tür; die Jungfer aber, so dem Feuer gewartet, lescht das auch vollend aus und gieng hinder einer Tapezerei, durch ein verborgene Tür, auch hinweg. Hierauf sagte die Dame, so im Bett lag: »Alle Monsieur Beau Alman, gee schlaff mein Herz, gom, rick su mir!« So viel hatte sie die Alte Teutsch gelernet; ich begab mich zum Bett, zu sehen, wie dann dem Ding zu tun sein möchte? und sobald ich hinzukam, fiel sie mir um den Hals, bewillkommte mich mit vielem Küssen, und bisse mir vor hitziger Begierde schier die unter Lefzen herab; ja sie fieng an meinen Schlafbelz aufzuknöpfeln und das Hemd gleichsam zu zerreißen, zog mich also zu ihr, und stellte sich vor unsinniger Liebe also an, daß nicht auszusagen. Sie konnte nichts anders Teutsch, als Rick su mir mein Herz! das übrige gab sie sonst mit Gebärden zu verstehen. Ich gedachte zwar heim an meine Liebste, aber was halfs, ich war leider ein Mensch, und fand ein solche wohlproportionierte Kreatur, und zwar von solcher Lieblichkeit, daß ich wohl ein Ploch hätte sein müssen, wenn ich keusch hätte davonkommen sollen.
Dergestalt bracht ich acht Täg und so viel Nächt an diesem Ort zu, und ich glaube, daß die andern drei auch bei mir gelegen seien, dann sie redeten nicht alle wie die erste, und stellten sich auch nicht so närrisch. Wiewohl ich nun acht ganzer Tage bei diesen vier Damen war, so kann ich doch nit sagen, daß mir zugelassen worden, ein einige anders als durch eine Florhauben, oder es sei denn finster gewesen, im bloßen Angesicht zu beschauen. Nach geendigter Zeit der acht Tag setzt man mich im Hof, mit verbundenen Augen, in eine zugemachte Gutsche zu meiner Alten, die mir unterwegs die Augen wieder aufbande, und führte mich in meines Herrn Hof; alsdann fuhr die Gutsche wieder schnell hinweg. Meine Verehrung war 200 Pistolet, und da ich die Alte fragte, ob ich niemand kein Trinkgeld davon geben sollte? sagte sie: »Beileib nicht, dann wann Ihr solches tätet, so würde es die Dames verdrießen; ja sie würden gedenken, Ihr bildet Euch ein, Ihr wäret in einem Hurenhaus gewesen, da man alles belohnen muß.« Nachgehends bekam ich noch mehr dergleichen Kunden, welche mirs so grob machten, daß ich endlich aus Unvermögen der Narrenpossen ganz überdrüssig wurde.
Das 6. Kapitel
Simplicius macht sich heimlich weg, und wie ihm der Stein geschnitten wird, als