Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 199)
er vermeint, er habe Mal de Nable.
Durch diese meine Handierung brachte ich beides, an Geld und andern Sachen so viel Verehrungen zusammen, daß mir angst dabei wurde, und verwunderte ich mich nit mehr, daß sich die Weibsbilder ins Bordell begeben, und ein Handwerk aus dieser viehischen Unfläterei machen, weil es so trefflich wohl einträgt; aber ich fieng an und gieng in mich selber, nit zwar aus Gottseligkeit oder Trieb meines Gewissens, sondern aus Sorg, daß ich einmal auf so einer Kürbe erdappt, und nach Verdienst bezahlt werden möchte: Derhalben trachtet ich, wieder in Teutschland zu kommen, und das um so viel desto mehr, weil der Kommandant zur L. mir geschrieben, daß er etliche Kölnische Kaufleute bei den Köpfen gekriegt, die er nit aus Handen lassen wollte, es seien ihm dann meine Sachen zuvor eingehändigt: Item daß er mir das versprochene Fähnlein noch aufhalte, und meiner noch vor dem Frühling gewärtig sein wollte, dann sonst, wo ich in der Zeit nit käme, müßte er die Stell mit einem andern besetzen; so schickte mir mein Weib auch ein Brieflein dabei, das voll liebreicher Bezeugungen ihres großen Verlangens war: Hätte sie aber gewußt, wie ich so ehrbar gelebt, so sollte sie mir wohl einen andern Gruß hineingesetzt haben.
Ich konnte mir wohl einbilden, daß ich mit Monsig. Canarden Konsens schwerlich hinwegkäme, gedacht derhalben heimlich durchzugehen, sobald ich Gelegenheit haben könnte, so mir zu meinem großen Unglück auch angienge; dann als ich einsmals etliche Offizier von der weimarischen Armee antraf, gab ich mich ihnen zu erkennen, daß ich nämlich ein Fähnrich von des Obristen de S. A. Regiment, und in meinen eigenen Geschäften ein Zeitlang in Paris gewesen, nunmehr aber entschlossen seie, mich wieder zum Regiment zu begeben, mit Bitt, sie wollten mich ihre Gesellschaft zu einem Reisgefährten mitnemmen: Also eröffneten sie mir den Tag ihres Aufbruchs und nahmen mich willig auf; ich kaufte mir einen Klepper, und mondierte mich auf die Reis so heimlich als ich konnte, packte mein Geld zusamm (so ohngefähr bei 500 Duplonen waren, die ich alle den gottlosen Weibsbildern abverdient hatte) und machte mich ohne von Mons. Canard gegebene Erlaubnus mit ihnen fort; schrieb ihm aber zurück, und datiert das Schreiben zu Maastrich, damit er meinen sollte, ich wäre auf Köln gangen, darin nahm ich meine Abschied, mit Vermelden, daß mir unmüglich gewesen länger zu bleiben, weil ich seine aromatische Würste nicht mehr verdauen hätte können.
Im zweiten Nachtläger von Paris aus wurde mir natürlich wie einem der den Rotlauf bekommt, und mein Kopf tät mir so grausam wehe, daß mir unmüglich war aufzustehen. Es war in einem gar schlechten Dorf, darin ich keinen Medicum haben konnte, und was das Ärgste war, so hatte ich auch niemand der mir wartete, dann die Offizier reisten des Morgens früh ihres Wegs fort, gegen dem Elsaß zu, und ließen mich als einen der sie nichts angienge, gleichsam todkrank da liegen; doch befohlen sie bei ihrem Abschied dem Wirt mich und mein Pferd, und hinderließen bei dem Schulzen im Dorf, daß er mich als einen