Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 213)
Ihm auch so willig zu dienen sei, als Er dessen wohl wert ist; und wofern Er so gesinnet, so begehre Er etwas anders, das in meinem Gewalt steht, so wird Er meine Willfährigkeit im Werk erfahren: Was aber diesen Kerl anbelangt, ist solcher nicht eigentlich mir, sondern, seinem Vorgeben nach, unter ein Regiment Dragoner gehörig, daneben ein solch schlimmer Gast, der meinem Profosen, sint er hier ist, mehr Arbeit geben, als sonst ein ganze Kompagnie, so daß ich von ihm glauben muß, er könne in keinem Wasser ersaufen.« Endet damit seine Red lachend, und wünschte mir Glück ins Feld.
Dies war meinem Herzbruder noch nicht genug, sondern er bat den Obristen auch, er wollte sich nicht zuwider sein lassen, mich mit an seine Tafel zu nemmen, so er auch erhielt; er täts aber zu dem Ende, daß er dem Obristen in meiner Gegenwart erzähle, was er in Westfalen nur diskursent von dem Grafen von der Wahl und dem Kommandanten in Soest von mir gehöret hätte: Welches alles er nun dergestalt herausstriche, daß alle Zuhörer mich vor einen guten Soldaten halten mußten; dabei hielt ich mich so bescheiden, daß der Obrist und seine Leut, die mich zuvor gekannt, nicht anders glauben konnten, als ich wäre mit andern Kleidern auch ein ganz anderer Mensch worden. Und demnach der Obrist auch wissen wollte, woher mir der Nam Doktor zukommen wäre? erzählt ich ihm meine ganze Reis von Paris aus bis nach Philippsburg, und wieviel Bauern ich betrogen, mein Maulfutter zu gewinnen, darüber sie ziemlich lachten. Endlich gestund ich unverhohlen, daß ich willens gewest, ihn Obristen mit allerhand Bosheiten dergestalt zu perturbiern und abzumatten, daß er mich endlich aus der Garnison hätte schaffen müssen, dafern er anders wegen der vielen Klagen in Ruhe vor mir leben wollen.
Darauf erzählte der Obrist viel Bubenstücklein, die ich begangen, solang ich in der Garnison gewest, wie ich nämlich Erbsen gesotten, oben mit Schmalz übergossen, und solche vor eitel Schmalz verkauft; item ganze Säck voll Sand für Salz, indem ich die Säck unden mit Sand, und oben mit Salz gefüllt; sodann, wie ich einem hie, dem andern dort einen Bärn angebunden, und die Leut mit Pasquillen vexiert. Also daß man die ganze Mahlzeit nur von mir zu reden hatte; hätte ich aber keinen so ansehenlichen Freund gehabt, so wären alle meine Taten strafwürdig gewesen. Dabei nahm ich ein Exempel, wie es bei Hof hergehen müsse, wenn ein böser Bub des Fürsten Gunst hat.
Nach geendigtem Imbiß hatte der Jud kein Pferd, so meinem Herzbruder vor mich gefallen wollte; weil er aber in solcher Ästimation war, daß der Obrist seine Gunst schwerlich entbehren konnte, als verehrte er ihm eins mit Sattel und Zeug aus seinem Stall, auf welches sich Herr Simplicius setzte, und mit seinem Herzbruder freudenvoll zur Festung hinausritte; teils seiner Kameraden rieffen ihm nach: »Glück zu Bruder, Glück zu!« teils aber aus Neid: »Je größer Schalk, je größer Glück.«
Das 13. Kapitel
Handelt von dem Orden der Merodebrüder.
Unterwegs redete Herzbruder mit mir ab, daß ich mich vor seinen Vetter ausgeben