Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 214)

sollte, damit ich desto mehr geehrt würde, hingegen wollte er mir noch kein Pferd samt einem Knecht verschaffen und mich zum Neuneckischen Regiment tun, bei deme ich mich als ein Freireuter aufhalten könnte, bis ein Offizierstelle bei der Armee ledig würde, zu deren er mir helfen könnte.

Also wurde ich in Eil wieder ein Kerl, der einem braven Soldaten gleichsahe; ich tät aber denselben Sommer wenig Taten, als daß ich am Schwarzwald hin und wieder etliche Kühe stehlen halfe und mir das Brißgäu und Elsaß ziemlich bekannt machte. Im übrigen hatte ich abermal wenig Stern, denn nachdem mir mein Knecht samt dem Pferd bei Kenzingen von den Weimarischen gefangen wurde, mußte ich das ander desto härter strapeziern und endlich gar hinreuten, daß ich mich also in den Orden der Merodebrüder begeben mußte. Mein Herzbruder hätte mich zwar gern wieder mondiert; weil ich aber so bald mit den ersten zweien Pferden fertig worden, hielte er zurück und gedachte mich zappeln zu lassen, bis ich mich besser vorzusehen lernte; so begehrte ich solches auch nit, denn ich fand an meinen Mitkonsorten eine so angenehme Gesellschaft, daß ich mir bis an die Winterquartier keinen bessern Handel wünschte.

Ich muß nur ein wenig erzählen, was die Merodebrüder vor Leut sind, weilen sich ohn Zweifel etliche finden, sonderlich die Kriegsunerfahrne, so nichts davon wissen: So hab ich bisher noch keinen Skribenten angetroffen, der etwas von ihren Gebräuchen, Gewohnheiten, Rechten und Privilegien seinen Schriften einverleibt hätte, ohnangesehen es wohl wert ist, daß nit allein die jetzige Feldherrn, sondern auch der Baursmann wisse, was es vor ein Zunft seie. Betreffend nun erstlich ihren Namen, will ich nit hoffen, daß es demjenigen dapfern Cavallier, unter dem sie solchen bekommen, ein Schimpf sei, sonst wollte ichs nit einem jeden so offentlich auf die Nas binden: Ich hab eine Art Schuh gesehen, die hatten anstatt der Löcher krumme Näht, damit sie desto besser durch den Kot stampfen sollten; sollte nun einer deswegen den Mansfelder selbst vor einen Pechfarzer schelten, den wollte ich vor einen Phantasten halten. Ebenso muß man diesen Namen auch verstehen, der nicht abgehen wird, solang die Teutsche kriegen; es hat aber ein solche Beschaffenheit damit: Als dieser Cavallier einsmals ein neugeworben Regiment zur Armee brachte, waren die Kerl so schwacher baufälliger Natur, wie die französische Britannier, daß sie also das Marschiern und ander Ungemach, das ein Soldat im Feld ausstehen muß, nit erleiden konnten, derowegen denn ihre Brigade zeitlich so schwach wurde, daß sie kaum die Fähnlein mehr bedecken konnte; und wo man einen oder mehr Kranke und Lahme auf dem Markt, in Häusern und hinder den Zäunen und Hecken antraf, und fragte: »Was Regiments?«, so war gemeiniglich die Antwort: »Von Merode!« Davon entsprang, daß man endlich alle diejenige, sie wären gleich krank oder gesund, verwundt oder nit, wenn sie nur außerhalb der Zugordnung daherzottelten oder sonst nicht bei ihren Regimentern ihr Quartier im Feld nahmen, Merodebrüder nannte, welche Bursch man zuvor Säusenger und Immenschneider geheißen hatte; denn sie sind wie die Brumser in den Immenfässern, welche, wenn sie

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