Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 216)
Kosten wieder mondieren muß, damit er künftigen Feldzug wieder etwas zu verlieren habe; man sollte sie zusammkuppeln wie die Windhund, und sie in den Garnisonen kriegen lernen oder gar auf die Galeern schmieden, wenn sie nit auch zu Fuß im Feld das ihrige tun wollten, bis sie gleichwohl wieder Pferd kriegten. Ich geschweige hier, wie manches Dorf durch sie sowohl unachtsam als vorsätzlicherweis verbrennt wird, wie manchen Kerl sie von ihrer eigenen Armee absetzen, plündern, heimlich bestehlen und wohl gar niedermachen, auch wie mancher Spion sich unter ihnen aufhalten kann, wenn er nämlich nur ein Regiment und Kompagnie aus der Armada zu nennen weiß. Ein solcher ehrbarer Bruder nun war ich damals auch, und verbliebs bis den Tag vor der Wittenweirer Schlacht, zu welcher Zeit das Hauptquartier in Schuttern war; denn als ich damals mit meinen Kameraden in das Geroldseckische gieng, Kühe oder Ochsen zu stehlen, wie unser Gewohheit war, wurde ich von den Weimarischen gefangen, die uns viel besser zu traktieren wußten, denn sie luden uns Musketen auf, und stießen uns hin und wieder unter die Regimenter; ich zwar kam unter das Hattsteinische.
Das 14. Kapitel
Ein gefährlicher Zweikampf um Leib und Leben, in welchem doch jeder dem Tod entrinnet.
Ich konnte damals greifen, daß ich nur zum Unglück geboren, denn ungefähr vier Wochen zuvor, ehe das gedachte Treffen geschahe, hörete ich etliche Götzische gemeine Offizier von ihrem Krieg diskurieren, da sagte einer: »Ohngeschlagen gehets diesen Sommer nicht ab! Schlagen wir dann den Feind, so müssen wir den künftigen Winter Freiburg und die Waldstädt einnehmen; kriegen wir aber Stöß, so kriegen wir auch Winterquartier.« Auf diese Prophezei machte ich meinen richtigen Schluß, und sagte bei mir selbst: »Nun freue dich Simplici, du wirst künftigen Frühling guten See- und Neckerwein trinken, und genießen, was die Weimarische verdienen werden.« Aber ich betrog mich weit, denn weil ich nunmehr weimarisch war, so war ich auch prädestiniert, Breisach belägern zu helfen, maßen solche Belägerung gleich nach mehrbemeldter Wittenweirer Schlacht völlig ins Werk gesetzt wurde, da ich denn wie andere Musketier Tag und Nacht wachen und schanzen mußte und nichts davon hatte, als daß ich lernte, wie man mit den Approchen einer Festung zusetzen muß, darauf ich vor Magdeburg wenig Achtung geben. Im übrigen aber war es lausig bei mir bestellt, weil je zwo oder drei aufeinander saßen, der Beutel war leer, Wein, Bier und Fleisch ein Rarität, Äpfel und halb Brod genug mein bestes Wildpret.
Solches war mir sauer zu ertragen, Ursach, wenn ich zurück an die ägyptische Fleischtöpf, das ist, an die westfälische Schinken und Knackwürst zu L. gedachte. Ich gedachte niemal mehr an mein Weib, als wenn ich in meinem Zelt lag, und vor Frost halb erstarrt war, da sagte ich denn oft zu mir selber: »Hui Simplici, meinst du auch wohl, es geschehe dir unrecht, wenn dir einer wieder Wett spielte, was du zu Paris begangen?« Und mit solchen Gedanken quälte ich mich wie ein ander eifersichtiger Hahnrei, da ich doch meinem Weib nichts als Ehr und Tugend zutrauen konnte; zuletzt wurde