Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 233)
in meinem Angesicht als sonsten auf dem Kopf, mit Einschlagung ihrer Klauen hielte so gut sie konnte; tät sie aber mit ihrem Dornhandschuh einen Fehlstreich nach den Hunden, so traf mich derselbe gewiß; weil sie aber auch bisweilen die Hund auf die Nase schlug, beflissen sich dieselbige, sie mit ihren Talpen herunderzubringen und gaben mir damit manchen unfreundlichen Griff ins Gesicht; wenn ich aber selbst mit beiden Händen nach der Katz tastete, sie herabzureißen, bisse und kratzte sie nach ihrem besten vermögen: Also wurde ich beides, von den Hunden und von der Katz zugleich bekriegt zerkratzt und dergestalt schröcklich zugerichtet, daß ich schwerlich einem Menschen mehr gleichsahe, und was das allerschlimmste war, mußte ich noch dazu in der Gefahr stehen, wann sie so nach der Katz schnappten, es möchte mir etwan einer ohngefähr die Nase, oder ein Ohr erwischen, und ganz hinwegbeißen; mein Kragen und Koller sahe so blutig aus, als wie vor eines Schmieds Notstall an S. Steffans Tag, wann man den Pferden zur Ader läßt; und wußte ich ganz kein Mittel zu ersinnen, mich aus diesen Ängsten zu erretten; zuletzt so mußte ich von freien Stücken auf die Erde niederfallen, damit beide Hund die Katz erwischen könnten, wollte ich anderst nicht, daß mein Capitolium noch länger ihr Fechtplatz sein sollte; die Hund erwürgten zwar die Katz, ich hatte aber bei weitem keinen so herrlichen Spaß davon als ich gehofft, sondern nur Spott, und ein solch Angesicht, wie du noch vor Augen siehest. Dessentwegen wurde ich so ergrimmt, daß ich nachgehends beide Hund totschosse und meine Matreß, die mir zu dieser Torheit Anlaß geben, dergestalt abprügelte, daß sie hätte geben mögen, und darüber von mir weglieffe, weil sie ohn Zweifel keine so abscheuliche Larve länger lieben konnte.«
Das 23. Kapitel
Ein Stücklein, zum Exempel desjenigen Handwerks das Olivier triebe, worin er ein Meister war, und Simplicius ein Lehrjung sein sollte.
Ich hätte über dieser des Oliviers Erzählung gern gelacht, und müßte mich doch mitleidenlich erzeigen; und als ich eben auch anfienge meinen Lebens Lauf zu erzählen, sahen wir eine Kutsche samt zweien Reutern das Land heraufkommen; derohalben stiegen wir vom Kirchturn, und setzten uns in ein Haus das an der Straß lag, und sehr bequem war die Vorüberreisende anzugreifen; mein Rohr mußte ich zum Vorrat geladen behalten, Olivier aber legte mit seinem Schuß gleich den einen Reuter und das Pferd, ehe sie unserer innenwurden, weswegen dann der ander gleich durchgienge, und indem ich mit übergezognem Hahnen den Kutscher halten und absteigen gemacht, sprang Olivier auf ihn dar, und spaltete ihm mit seinem breiten Schwerdt den Kopf voneinander bis auf die Zähn hinunder, wollte auch gleich darauf das Frauenzimmer und die Kinder metzgen, die in der Kutschen saßen und bereits mehr den toten Leichen, als den Lebenden gleichsahen; ich aber wollte es rund nicht gestatten, sondern sagte, wofern er solches ja ins Werk setzen wollte, müßte er mich zuvor erwürgen. »Ach!« sagte er, »du närrischer Simplici, ich hätte mein Tage nicht gemeinet, daß du so ein heilloser Kerl wärest, wie du