Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 249)
gebraucht, er ist aber darum nit groß, sondern ist und verbleibt vielmals von geringerer Ästimation, als er zuvor in seiner Armut war; wer sich aber weiß groß und mächtig zu machen, dem folget der Reichtum auf dem Fuß nach. Das Glück, so Macht und Reichtum zu geben pflegt, blickte mich trefflich holdselig an, und gab mir, nachdem ich ein Tag oder acht zu Wien gewesen, Gelegenheit genug an die Hand, ohn einige Verhinderungen auf die Staffeln der Hoheit zu steigen; ich täts aber nicht. Warum? Ich halte, weil mein fatum ein anders beschlossen, nämlich dasjenige, dahin mich meine fatuitas leitete.
Der Graf von der Wahl, unter dessen Kommando ich mich hiebevor in Westfalen bekannt gemacht, war eben auch zu Wien, als ich mit Herzbrudern hinkam; dieser wurde bei einem Bankett, da sich verschiedene kaiserliche Kriegsräte neben dem Grafen von Götz und andern mehr befanden, als man von allerhand seltsamen Köpfen, unterschiedlichen Soldaten und berühmten Parteigängern redete, auch des Jägers von Soest eingedenk, und erzählte etliche Stücklein von ihm so rühmlich, daß sich teils über einen so jungen Kerl verwunderten, und bedaurten, daß der listige hessische Obriste S. A. ihm ein Wehbengel angehenkt, damit er entweder den Degen beiseits legen, oder doch schwedische Waffen tragen sollte; dann wohlbesagter Graf von der Wahl hatte alles erkündigt, wie derselbige Obrist zu L. mit mir gespielt; Herzbruder, der eben dort stunde und mir meine Wohlfahrt gern befördert hätte, bat um Verzeihung und Erlaubnus zu reden, und sagte, daß er den Jäger von Soest besser kenne, als sonst einen Menschen in der Welt; er sei nit allein ein guter Soldat, der Pulver riechen könnte, sondern auch ein ziemlicher Reuter, ein perfekter Fechter, ein trefflicher Büchsenmeister und Feurwerker, und über dies alles einer der einem Ingenieur nichts nachgeben würde; er hätte nit nur sein Weib, weil er mit ihr so schimpflich hindergangen worden, sondern auch alles was er gehabt, zu L. hinderlassen, und wiederum kaiserliche Dienst gesucht, maßen er in verwichener Kampagne sich unter dem Grafen von Götz befunden, und als er von den Weimarischen gefangen worden und von denselben sich wieder zu den Kaiserlichen begeben wollen, neben seinem Kameraden einen Korporal samt sechs Musketierern die ihnen nachgesetzt, und sie wieder zurückführen sollen, niedergemacht, und ansehenliche Beuten davongebracht, maßen er mit ihm selbsten nach Wien kommen, des Willens, sich abermal wider der Römischen Kaiserlichen Majestät Feinde gebrauchen zu lassen, doch sofern er solche Conditiones haben könnte, die ihm anständig seien, dann keinen gemeinen Knecht begehre er mehr zu agieren.
Damals war diese ansehliche Kompagnie mit dem lieben Trunk schon dergestalt begeistert, daß sie ihre Kuriosität, den Jäger zu sehen, kontentiert haben wollte, maßen Herzbruder geschickt wurde, mich in einer Gutsche zu holen; derselbe instruiert mich unterwegs, wie ich mich bei diesen ansehenlichen Leuten halten sollte, weil mein künftig Glück daran gelegen wäre; ich antwortet derhalben als ich hinkam, auf alles sehr kurz und apophthegmatisch, also daß man sich über mich zu verwundern anfienge, dann ich redete nichts, es müßte dann einen klugen Nachdruck haben; in Summa, ich erschien