Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 250)

dergestalt, daß ich jedem angenehm war, weil ich ohnedas vom Herrn Grafen von der Wahl auch das Lob eines guten Soldaten hatte; mithin kriegte ich auch einen Rausch, und glaub wohl, daß ich alsdenn auch hab scheinen lassen, wie wenig ich bei Hof gewesen; endlich war dieses das End, daß mir ein Obrister zu Fuß eine Kompagnie unter seinem Regiment versprochen, welches ich dann gar nit ausschlug, denn ich dachte: »Ein Hauptmann zu sein, ist fürwahr kein Kinderspiel!« Aber Herzbruder verwiese mir den andern Tag meine Leichtfertigkeit, und sagte, wenn ich nur noch länger gehalten hätte, so wäre ich noch wohl höher ankommen.

Also wurde ich einer Kompagnie vor einen Hauptmann vorgestellt, welche, ob sie zwar mitsamt mir in prima plana ganz komplett, aber nit mehr als sieben Schillergäst hatte, zudem meine Unteroffizier mehren teils alte Krachwedel, darüber ich mich hindern Ohren kratzte, als wurde ich mit ihnen bei der ohnlängst hernach vorgangenen scharfen Okkasion desto leichter gemartscht, in welcher der Graf von Götz das Leben, Herzbruder aber seine Testiculi einbüßte, die er durch einen Schuß verlor; ich bekam meinen Teil in einen Schenkel, so aber gar eine geringe Wunde war. Dannenhero begaben wir uns auf Wien, um sich kurieren zu lassen, weil wir ohnedas unser Vermögen dort hatten; ohne diese Wunden, so zwar bald geheilet, ereignete sich an Herzbrudern ein anderer gefährlicher Zustand, den die Medici anfänglich nit gleich erkennen konnten, dann er wurde lahm an allen vieren, wie ein Cholericus den die Gall verderbt, und war doch am wenigsten selbiger Komplexion noch dem Zorn beigetan; nichtsdestoweniger wurde ihm die Sauerbrunnenkur geraten, und hierzu der Grießbach an dem Schwarzwald vorgeschlagen.

Also verändert sich das Glück unversehens; Herzbruder hatte kurz zuvor den Willen gehabt, sich mit einem vornehmen Fräulein zu verheuraten und zu solchem Ende sich zu einem Freiherrn, mich aber zu einem Edelmann machen zu lassen; nunmehr aber mußte er andere Gedanken konzipieren, dann weil er dasjenige verloren, damit er ein neues Geschlecht propagieren wollen, zumalen von seiner Lähme mit einer langwierigen Krankheit bedrohet wurde, in deren er guter Freunde vonnöten, machte er sein Testament und setzte mich zum einzigen Erben aller seiner Verlassenschaft, vornehmlich weil er sahe, daß ich seinetwegen mein Glück in Wind schlug, und meine Kompagnie quittiert, damit ich ihm in Sauerbrunnen begleiten, und daselbsten, bis er seine Gesundheit wiedererlangen möchte, auswarten könnte.

Das 5. Kapitel

Simplicius lauft bottenweis, und vernimmt in Gestalt Mercurii von dem Jove, was er eigentlich wegen des Kriegs und Friedens im Sinn habe.

Als nun Herzbruder wieder reuten konnte, übermachten wir unsere Barschaft (dann wir hatten nunmehr nur einen Säckel miteinander) per Wechsel nach Basel, mondierten uns mit Pferden und Dienern, und begaben uns die Donau hinauf nacher Ulm und von dannen in den obbesagten Sauerbrunnen, weil es eben im Mai und lustig zu reisen war; daselbst dingten wir ein Losament, ich aber ritte nach Straßburg, unser Gelt, welches wir von Basel aus dorthin übermacht, nicht allein zum Teil zu empfangen, sondern auch mich um erfahrne Medicos umzusehen, die Herzbrudern Recepta und Badordnung vorschreiben

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