Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 262)
und Urkund meines Herkommens und ehelicher Geburt halber zuwegen zu bringen, welches ich ohnschwer aus dem Taufbuch und meines Pettern Zeugnus erhielte. Ich kehrte auch gleich bei dem Pfarrer ein, der sich zu Hanau aufgehalten und meiner angenommen; derselbe gab mir einen schriftlichen Beweis mit, wo mein Vatter sel. gestorben, und daß ich bei demselben bis in seinen Tod, und endlich unter dem Namen Simplici eine Zeitlang bei Herrn Ramsay dem Gubernator in Hanau gewesen wäre; ja ich ließe über meine ganze Histori aus der Zeugen Mund durch einen Notarium ein Instrument aufrichten, dann ich gedachte, wer weiß, wo du es noch einmal brauchest; solche Reis kostet mich über 400 Taler, dann auf dem Zurückweg wurde ich von einer Partei erhascht, abgesetzt und geplündert, also daß ich und mein Knan oder Petter allerdings nackend, und kaum mit dem Leben davonkamen.
Indessen giengs daheim auch schlimm zu; dann nachdem mein Weib vernommen, daß ihr Mann ein Junker sei, spielte sie nit allein der großen Frauen, sondern verliederlicht auch alles in der Haushaltung, welches ich, weil sie großes Leibs war, stillschweigend übertrug; überdas war mir ein Unglück in den Stall kommen, so mir das meiste und beste Viehe hingerafft.
Dieses alles wäre noch zu verschmirzen gewesen, aber o mirum! kein Unglück allein; in der Stund, darin mein Weib genase, wurde die Magd auch Kindbetterin; das Kind zwar so sie brachte, sahe mir allerdings ähnlich, das aber so mein Weib gebar, sahe dem Knecht so gleich, als wenns ihm aus dem Gesicht geschnitten worden wäre; zudem hatte diejenige Dame, deren oben gedacht, in ebenderselben Nacht auch eins vor meine Tür legen lassen, mit schriftlichem Bericht, daß ich der Vatter wäre, also daß ich auf einmal drei Kinder zusammen brachte, und war mir nit anders zu Sinn, als es würde aus jedem Winkel noch eins herfürkriechen, welches mir nit wenig graue Haar machte! Aber es gehet nit anders her, wann man in einem so gottlosen und verruchten Leben, wie ich eins geführt, seinen viehischen Begierden folget.
Nun was halfs? ich mußte taufen, und mich noch dazu von der Obrigkeit rechtschaffen strafen lassen, und weil die Herrschaft damals eben schwedisch war, ich aber hiebevor dem Kaiser gedient, wurde mir die Zech desto höher gemacht, welches lauter Praeludia waren meines abermaligen gänzlichen Verderbens. Gleichwie mich nun so vielerlei unglückliche Zufäll höchlich betrübten, also nahm es andernteils mein Weibgen nur auf die leichte Achsel, ja sie trillete mich noch dazu Tag und Nacht, wegen des schönen Funds, der mir vor die Tür geleget, und daß ich um so viel Gelds gestraft worden wär; hätte sie aber gewußt, wie es mit mir und der Magd beschaffen gewesen, so würde sie mich noch wohl ärger gequält haben; aber das gute Mensch war so aufrichtig, daß sie sich durch so viel Geld, als ich sonst ihrentwegen hätte Straf geben müssen, bereden ließe, ihr Kind einem Stutzer zuzuschreiben, der mich das Jahr zuvor unterweilen besucht und bei meiner Hochzeit gewesen, den sie aber sonst weiters nicht gekannt; doch mußte sie aus dem Haus, dann