Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 273)
Hoheit und dem Adel ihres Geschlechts nichts, sintemal sie, so wohl als andere, in ihrem zeitlichen Leben die ewige Seligkeit hätten erlangen mögen, da sie nur auf dem dazu verordneten Weg hätten wandlen wollen.«
Das 14. Kapitel
Was Simplicius ferner mit diesem Fürsten unterwegs diskuriert, und was er vor verwunderliche und abenteurliche Sachen vernommen.
Ich sagte zu dem Fürstlein, weil ich auf dem Erdboden ohnedas mehr Gelegenheit hätte, von dieser Materia zu hören, als ich mir zunutz machte, so wollte ich ihn gebetten haben, er wollte mir doch davor die Ursach erzählen, warum zuzeiten ein so groß Ungewitter entstehe, wenn man Stein in solche See werfe? dann ich erinnerte mich von dem Pilatussee im Schweizerland eben dergleichen gehört, und von dem See Camarina in Sicilia ein solches gelesen zu haben, von welchem die Phrasis entstanden »Camarinam movere«; er antwortet: »Weil alles, das schwer ist, nicht ehe gegen dem centro terrae zu fallen aufhöret, wenn es in ein Wasser geworfen wird, es treffe dann einen Boden an, darauf es unterwegs liegen verbleibe, hingegen diese See alle miteinander bis auf das Zentrum ganz bodenlos und offen seind, also daß die Stein so hingeworfen werden, notwendig und natürlicher Weis in unsere Wohnung fallen und liegen bleiben müßten, wenn wir sie nicht wieder zu ebendem Ort, da sie herkommen, von uns hinausschafften; als tun wir solches mit einer Ungestümme, damit der Mutwill derjenigen, so sie hineinzuwerfen pflegen, abgeschreckt, und im Zaum gehalten werden möge, so dann eins von den vornehmsten Stücken unsers Geschäfts ist, dazu wir erschaffen. Sollten wir aber gestatten, daß ohne dergleichen Ungewitter die Stein eingeschmissen und wieder ausgeschafft würden, so käme es endlich dazu, daß wir nur mit denen mutwilligen Leuten zu tun, die uns täglich von allen Orten der Welt her aus Kurzweil Stein zusendeten. Und an dieser einzigen Verrichtung die wir zu tun haben, kannst du die Notwendigkeit unsers Geschlechts abnehmen, sintemal, da obigergestalt die Stein von uns nicht ausgetragen, und doch täglich durch soviel dergleichen unterschiedliche See, die sich hin und wieder in der Welt befinden, dem centro terrae, darinnen wir wohnen, so viel zugeschickt würden, so müßten endlich zugleich die Gebäude, damit das Meer an die Erde geheftet und befestiget, zerstöret, und die Gänge, dadurch die Quellen aus dem Abgrund des Meers hin und wieder auf die Erde geleitet, verstopft werden, das dann nichts anders als ein schädliche Konfusion, und der ganzen Welt Untergang mit sich bringen könnte.«
Ich bedankte mich dieser Kommunikation und sagte: »Weil ich verstehe, daß euer Geschlecht durch solche See alle Quellen und Flüß auf dem ganzen Erdboden mit Wasser versiehet, so werdet ihr auch Bericht geben können, warum sich die Wasser nit alle gleich befinden beides, an Geruch, Geschmack, etc. und der Kraft und Würkung, da sie doch ihre Wiederkehrung (wie ich verstanden) ursprünglich alle aus dem Abgrund des großen Oceani hernehmen, darein sich alle Wasser wiederum ergießen; dann etliche Quellen seind liebliche Sauerbrunnen und taugen zu der Gesundheit, etliche sind zwar sauer, aber unfreundlich und schädlich zu trinken; und andere seind gar tödlich