Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 274)

und vergift, wie derjenige Brunn in Arcadia, damit Jollae dem Alexandro Magno vergeben haben solle; etliche Brunnenquellen seind laulicht, etliche siedend heiß, und andere eiskalt; etliche fressen durch Eisen, als Aqua fort, wie einer in Zepusio oder der Grafschaft Zips in Ungarn; andere hingegen heilen alle Wunden, als sich dann einer in Thessalia befinden solle; etliche Wasser werden zu Stein, andere zu Salz, und etliche zu Victriol: Der See bei Zirknitz in Kärnten hat nur Winterszeit Wasser, und im Sommer liegt er allerdings trocken; der Brunn bei Aengstlen lauft nur Sommerszeit, und zwar nur zu gewissen Stunden, wenn man das Viehe tränkt; der Schändlebach bei Obernähenheim lauft nicht ehe, als wenn ein Unglück übers Land kommen solle. Und der Fluvius Sabbaticus in Syria bleibt allezeit den siebenden Tag gar aus. Worüber ich mich 522 oftermal, wenn ich der Sach nachgedacht, und die Ursach nit ersinnen können, zum allerhöchsten verwundern mußte.«

Hierauf antwortet der Fürst: Diese Dinge alle mit einander hätten ihre natürliche Ursachen, welche dann von den Naturkündigern unsers Geschlechts mehrenteils aus denen unterschiedlichen Geruchen, Geschmacken, Kräften und Würkungen der Wasser genugsam erraten, abgenommen, und auf dem Erdboden offenbart worden wären. Wenn ein Wasser von ihrer Wohnung an bis zu seinem Auslauf, welchen wir die Quelle nenneten, nur durch allerhand Stein laufe, so verbleibe es allerdings kalt und süß; dafern es aber auf solchem Weg durch und zwischen die Metalla passiere (dann der große Bauch der Erden sei innerlich nicht an einem Ort wie am andern beschaffen), als da sei Gold, Silber, Kupfer, Zinn, Blei, Eisen, Quecksilber, etc. oder durch die halbe Mineralia, nämlich Schwefel, Salz mit allen seinen Gattungen, als naturale, sal gemmae, sal nativum, sal radicum, sal nitrum, sal armoniacum, sal etrae, etc. weiße, rote, gelbe und grüne Farben, Victril, marchasita aurea, argentea, plumbea, ferrea, lapis lazuli, alumen, arsenicum, antimonium, risigallum, Electrum naturale, Chrisocolla, Sublimatum etc., so nemme es deren Geschmack, Geruch, Art, Kraft und Würkung an sich, also daß es den Menschen entweder heilsam oder schädlich werde. Und ebendaher hätten wir so unterschiedlich Salz, dann etliches sei gut, und etliches schlecht. »Zu Cervia und Comachio ist es ziemlich schwarz, zu Memphis rötlicht, in Sicilia schneeweiß, das centaropische ist purpurfärbigt, und das cappadocische gelblicht. Betreffend aber die warme Wasser sagte er, »so nehmen dieselbe ihre Hitz von dem Feuer an sich, das in der Erde brennet, welches so wohl als unsere See, hin und wieder seine Luftlöcher und Kamin hat, wie man am berühmten Berg Ätna in Sicilia, Hekla in Island, Gumapi in Banda und andern mehr abnehmen mag. Was aber den Zirknitzer See anlangt, so wird dessen Wasser Sommerszeit bei der Kärntner Antipodibus gesehen, und der Aengstler Brunn an andern Orten des Erdbodens zu gewissen Stunden und Zeiten des Jahrs und Tags anzutreffen sein, ebendasjenige zu tun, was er bei den Schweizern verrichtet. Gleiche Beschaffenheit hat es mit der Obernäheimer Schändlibach, welche Quellen alle durch unsers Geschlechts Leutlein nach dem Willen und Ordnung Gottes, um sein Lob dadurch bei euch zu vermehren, solchergestalt geleitet und geführet werden: Was

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