Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 301)

sündige und unbekehrte arme Seel mit einem schnellen und unversehenen Schrecken aus dem armseligen Leib ist geschieden, wird sie nicht wie der Leib im Leben mit Dienern und Befreundten umgeben sein, sondern von der Schar ihrer allergreulichsten Feinde für den sonderbaren Richterstuhl Christi geführt werden; darum o Welt behüt dich Gott, weil ich versichert bin, daß du dermaleins von mir wirst aussetzen und mich verlassen, nicht allein zwar, wann mein arme Seel vor dem Angesicht des strengen Richters erscheinen, sondern auch wann das allerschröcklichste Urteil: Gehet hin ihr Vermaledeite ins ewige ­Feuer, etc. gefällt und ausgesprochen wird.

Adjeu o Welt, o schnöde arge Welt, o stinkendes elendes Fleisch, dann von deinetwegen und um daß man dir gefolget, gedienet und gehorsamet hat, so wird der gottlos Unbußfertig zur ewigen Verdammnus verurteilt, in welcher in Ewigkeit anders nichts zu gewarten, als anstatt der verbrachten Freud, Leid ohne Trost, anstatt des Zechens, Durst ohne Labung, anstatt des Fressens, Hunger ohne Fülle, anstatt der Herrlichkeit und Prachts, Finsternus ohne Liecht, anstatt der Wollüste, Schmerzen ohne Linderung, anstatt des Dominierens und Triumphierens, Heulen, Weinen und Weheklagen ohne Aufhören, Hitz ohne Kühlung, Feuer ohne Leschung, Kält ohne Maß, und Elend ohne End.

Behüt dich Gott o Welt, dann anstatt deiner verheißenen Freud und Wollüste werden die böse Geister an die unbußfertige verdammte Seel Hand anlegen und sie in einem Augenblick in Abgrund der Höllen reißen; daselbst wird sie anders nichts sehen und hören, als lauter erschröckliche Gestalten der Teufel und Verdammten, eitele Finsternus und Dampf, Feuer ohne Glanz, Schreien, Heulen, Zähnklappern und Gottslästern; alsdann ist alle Hoffnung der Gnad und Milterung aus, kein Ansehen der Person ist vorhanden, je höher einer gestiegen, und je schwerer einer gesündiget, je tiefer er wird gestürzt, und je härtere Pein er muß leiden; dem viel geben ist, von dem wird viel gefordert, und je mehr einer sich bei dir, o arge schnöde Welt! hat herrlich gemacht, je mehr schenkt man ihm Qual und Leiden ein, denn also erforderts die göttliche Gerechtigkeit.

Behüt dich Gott o Welt, dann obwohl der Leib bei dir ein Zeitlang in der Erden liegen bleibt und verfaulet, so wird er doch am Jüngsten Tag wieder aufstehn und nach dem letzten Urteil mit der Seel ein ewiger Höllenbrand sein müssen; alsdenn wird die arme Seel sagen: ›Verflucht seist du Welt! weil ich durch dein Anstiften Gottes und meiner selbst vergessen, und dir in aller Uppigkeit, Bosheit, Sünd und Schand die Tag meines Lebens gefolgt hab; verflucht sei die Stund, in deren mich Gott erschuf! verflucht sei der Tag, darin ich in dir o arge böse Welt geborn bin! O ihr Berg, Hügel und Felsen fallet auf mich, und verbergt mich vor dem grimmigen Zorn des Lamms, vor dem Angesicht dessen, der auf dem Stuhl sitzet; ach Wehe und aber Wehe in Ewigkeit!‹

O Welt! du unreine Welt, derhalben beschwöre ich dich, ich bitte dich, ich ersuche dich, ich ermahne und protestiere wider dich, du wollest kein Teil mehr an mir haben; und hingegen begehre ich auch nicht mehr in dich zu

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