Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 308)
gemäß nicht eiferig genug verfahren worden wäre; er teilet ihnen benebens auch neue instructiones und memorial aus, und tat stattliche Promessen gegen denen, die sich tapfer gebrauchen würden.
Da es nun sahe, als wann diese Reichsversammlung sich endigen und alle höllische Stände wiederum an ihre Geschäfte gehen wollten, ritte ein zerlumpter und von Angesicht sehr bleicher Kerle auf einem alten schäbigen Wolf hervor; Roß und Mann sahe so verhungert, mager, matt und hinfällig aus, als wann beides schon ein lange Zeit in einem Grab oder auf der Schindgruben gelegen wäre! dieser beklagte sich über eine ansehenliche Dame, die sich auf einem neapolitanischen Pferd von 100 Pistolen Wert tapfer vor ihm tummlete; alles an ihren und des Pferds Kleidungen und Zierden glänzte von Perlen und Edelgesteinen, die Stegreif, die Buckeln, die Stangen, alle Rinken; das Mundstück oder Gebiß samt der Kinnketten war von purem Gold, die Huefbeschläg aber an des Pferds Füßen von feinem Silber, dahero man sie auch keine Hufeisen nennen kann; sie selbst sahe ganz herrlich, prächtig und trotzig aus, blühete daneben im Angesicht wie eine Rose am Stock, oder war doch wenigist anzusehen, als wann sie einen halben Rausch gehabt hätte, maßen sie sich auch sonst in allen ihren Gebärden so frisch stellet; es roche um sie herumber so stark nach Haarpulver, Balsam, Bisam, Ambra und andern Arommaten, daß wohl einer andern als sie war die Mutter hätt rebellisch werden mögen. In Summa es war alles so kostbarlich um sie bestellt, daß ich sie vor die allermächtigste Königin gehalten hätte, wann sie nur auch gekrönet gewesen wäre, wie sie dann auch eine sein mueß, weil man von ihr sagt, sie allein herrsche über das Geld und das Geld nit über sie: Gab mich derowegen anfänglich wunder, daß obengedachter ellende Schindhund auf dem Wolf wider sie mutzen dorfte; aber er machte sich mausiger, als ich ihm zugetraut.
Das 4. Kapitel
Wettstreit zwischen der Verschwendung und dem Geiz; und ist ein wenig ein länger Kapitel als das vorige.
Dann er drang sich vor den Luzifer selbsten und sagte: »Großmächtiger Fürst! beinahe auf dem ganzen Erdboden ist mir niemand mehr zuwider als eben gegenwärtige Bräckin, die sich bei den Menschen vor die Freigebigkeit ausgibt, um under solchem Namen mit Hülf der Hoffart, des Wollusts und des Fraßes mich allerdings in Verachtung zu bringen und zu untertrucken; diese ist, die sich überall wie das Böse in einer Wannen hervorwirft, mich in meinen Werken und Geschäften zu verhindern, und wieder niederzureißen, was ich zu Aufnehmung und Nutzen deines Reichs mit großer Mühe und Arbeit auferbaue! Ists nicht denn im ganzen höllischen Reich bekannt, daß mich die Menschenkinder selbst eine Wurzel alles Übels nennen; was vor Freud oder was vor Ehr hab ich mich aber von einem solchen herrlichen Titul zu getrösten, wann mir diese junge Rotznase vorgezogen werden will? soll ich erleben, daß ich! ich sage ich! ich! der wohlverdientsten Ratspersonen und vornehmsten Diener einer! oder größer Beförderer deines Staats und höllischen Interesse, dieser Jungen, ererst bei meinem Gedenken von Wollust und Hoffart erzeugten Dirn