Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 312)

erpraktiziere, mir ein festen Sitz stelle, und auch endlich wider alle solche Sturmwinde behaupte; wäre mir dieses allein nit Ehr genug, daß ich diejenige gleichwohl beherrsche, denen das Numen selbst treuherziger Warnungsweis sagte, sie könnten ihm und mir nit zugleich dienen, und daß sein Wort unter mir wie der gute Samen unter den Dörnen erstickt? hiervon aber will ich durchaus stillschweigen, weil es wie gemeldt, schon so alte Possen sein, die bereits gar zu bekannt! aber dessen, dessen, sage ich, will ich mich rühmen, daß keiner unter allen Geistern und Mitgliedern des höllischen Reichs die Intention unsers Großfürsten besser ins Werk setze als eben ich; denn derselbe will und wünscht nichts anders, als daß die Menschen sowohl in ihrer Zeitlichkeit kein geruhiges vergnügsames und friedliches, als auch in der Ewigkeit kein seliges Leben haben und genießen sollen.

Sehet doch alle euren plauten Wunder, wie sich diejenige anfahen und quälen, bei denen ich nur einen geringen Zutritt bekomme; wie unablässig sich diejenige ängstigen, die mir ihr Herz zum Quartier beginnen einzuraumen; und betrachtet nur ein wenig die Wegen dessen, den ich ganz besitze und eingenommen; danach sagt mir, ob auch ein ellendere Kreatur auf Erden lebe, oder ob jemalen ein einiger höllischer Geist einen größern oder standhaftigern Martyrer vermögt und zugerichtet habe, als eben derselbig einer ist, den ich zu unserm Reich ziehe; ich benemme ihm kontinuierlich den Schlaf, welchen doch sein eigne Natur selbst so ernstlich von ihm erfodert, und wann er gleich solche Schuldigkeit nach Notdurft abzulegen gezwungen wird, so tribuliere und vexiere ich ihn jedoch hingegen dergestalt mit allerhand sorgsamen und beschwerlichen Träumen, daß er nit allein nit ruhen kann, sondern auch schlafend viel mehr, als mancher wachend sündigt; mit Speis und Trank, auch allen andern angenehmen Leibsverpflegungen traktiere ich die Wohlhäbige viel schmäler, als andere Dürftigste zu genießen pflegen; und wann ich der Hoffart zu Gefallen nit bisweilen ein Aug zutäte, so müßten sie sich auch elender bekleiden, als die allerarmseligste Bettler; ich gönne ihnen keine Freud, keine Ruhe, keinen Fried, keine Lust und in Summa nichts, das gut genennet, und ihren Leiben geschweige den Seelen zum besten gedeihen mag, ja auch aufs äußerst diejenige Wollüste nit, die andere Weltkinder suchen und sich dadurch zu uns stürzen; die fleischliche Wollüste selbst, denen doch alles von Natur nachhängt, was sich nur auf Erden regt, versalze ich ihnen mit Bitterkeit, indem ich die blühende Jüngling mit alten abgelebten unfruchtbaren garstigen Vetteln, die allerholdseligste Jungfrauen aber mit eisgrauen eifersichtigen Hahnereiern verkuppele und beunselige; ihr größte Ergetzung muß sein, sich mit Sorg und Bekümmernus zu grämen, und ihr höchstes Contentament, wann sie ihr Leben mit schwerer saurer Mühe und Arbeit verschleißen, sich um ein wenig rote Erden, die sie doch nicht mitnehmen können, die Höll härtiglich zu erarnen.

Ich gestatte ihnen kein rechtschaffenes Gebett, noch weniger daß sie aus guter Meinung Almosen geben; und ob sie zwar oft fasten oder besser zu reden Hunger leiden, so geschiehet jedoch solches nit Andacht halber, sonder mir zu Gefallen etwas zu ersparen; ich jage sie in

Seiten