Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 314)
vor die Hand nehmen sollten, mit dem austrücklichen Geding und Vorbehalt, daß kein Teil dem andern bei dem seinigen den geringsten Eintrag nicht tun, noch sich unterstehen sollte, solchen auf seine anderwärtige Art zu neigen, es seie dann Sach, daß des höllisch Reichs Interesse dasselbig austrücklich erfordere. Da sollte man wunder gesehen haben, wie die andere Laster diesen beiden Glück wünschten und ihnen ihrer Gesellschaft, Hilf und Dienst anbotten; mithin schiede die ganze höllische Versammlung voneinander, worauf sich ein starker Wind erhube, der mich mitsamt der Verschwendung und dem Geiz samt ihren Anhängern und Beistandern in einem Nun zwischen Engelland und Frankreich führet und in dasjenige Schiff niederließe, worin beide Engelländer überfuhren und gleich aussteigen wollten.
Die Hoffart machte sich den geraden Weg zum Julo und sagte: »Tapferer Cavallier, ich bin die Reputation, und weil Ihr jetzt ein fremd Land betrettet, wird mir nicht übel anstehen, wann Ihr mich zur Hofmeisterin behaltet; hier könnt Ihr die Einwohner durch eine sonderbare Pereleganz sehen lassen, daß Ihr kein schlechter Edelmann, sondern aus dem Stammen der alten König entsprossen seid! und wann gleich solches nicht wäre, so würde Euch jedoch gebühren, Eurer Nation zu Ehren den Franzosen zu weisen, was Engelland vor wackere Leut trage.«
Darauf ließe Julus durch Avarum seinen Diener dem Schiffpatronen die Fracht in lauter wiewohl groben, jedoch anmütig und holdselig Goldsorten entrichten, weswegen dann der Schiffherr dem Julo einen demütig Bückling machte, und ihn gar vielmal einen gnädigen Herren nennete; solches machte ihm die Hoffart zunutz, und sagte zum Avaro: »Schaue, wie einer geehrt wird, der dieser Gesellen viel herbergt!« Der Geiz aber sagte zu ihm: »Hättest du solcher Gäste so viel besessen, als dein Herr nur jetzt ausgibt, du solltest sie wohl anders angelegt haben; dann weit besser ists, der Vorrat und Überfluß werde zu Haus auf ein gewisses Interesse angelegt, damit man künftig etwas davon zu genießen habe, als daß man denselbigen auf einer Reis, die ohnedas voller Mühe, Sorg und Gefahr steckt, so unnützlich durchjagt.«
Sobald betratten beide Jüngling das feste Land nicht, als Hoffart die Verschwendung vertreulich avisierte, daß sie nicht allein ein Zutritt, sonder, allem Vermuten nach, einen unbeweglichen Sitz auf ihr ersteres Anklopfen in des Juli Herzen bekommen, mit angehängter Erinnerung, sie möchte noch mehrerer anderwärtlichen Assistenz sich bewerben, damit sie desto sicherer und gewisser ihr Vorhaben ins Werk stellen könnte; sie wolle ihr zwar nit weit von der Hand gehen, aber gleichwohl müßte sie ihrem Gegenteil, dem Geiz, ebenso große Hilf leisten, als sie, die Verschwendung, von ihr zu hoffen.
Mein großgünstiger hochgeehrter Leser, wann ich eine Histori zu erzählen hätte, so wollte ichs kürzer begreifen und hier nicht so viel Umständ machen; ich muß selbst gestehen, daß mein eigner Vorwitz von jedem Geschichtschreiber stracks erfordert, mit seinen Schriften niemand lang aufzuhalten; aber dieses, was ich vortrage, ist ein Vision oder Traum, und also weit ein anders; ich darf nicht so geschwind zum Ende eilen, sondern muß etliche geringe Partikularitäten und Umstände mit einbringen, damit ich etwas vollkommner erzählen möge, was ich den Leuten dies Orts