Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 317)

Leffel sein sollen; solchergestalt passierten wir durch Flandern, Brabant, Hennegau, Holland, Seeland, Zütphen, Geldern, Mecheln, und folgends an die französische Grenz, endlich gar auf Paris, allwo Julus das lustigste und bequemste Losament bestellte, das er haben konnte; seinen Avarum kleidet er edelmännisch und nennet ihn einen Junker, damit jedermann ihn selbst desto höher halten und gedenken sollte, er müßte kein kleiner Hans sein, weil ihm einer vom Adel aufwartete, der ihn einen gnädigen Herrn hieße; maßen er auch vor einen Grafen gehalten wurde; er verdingte sich gleich einen Lautenisten, einen Fechter, einen Tanzmeister, einen Bereiter und einen Ballmeister, mehr sich sehen zu lassen, als ihnen ihre Künste und Wissenschaften abzulernen; diese waren lauter solche Käuz, die dergleichen neu ausgeflogenen Gästen das Ihrig abzulausen vor Meister passierten; sie machten ihn bald beim Frauenzimmer bekannt, da es ohne Spendieren nicht abgieng, und brachten ihn auch sonst zu allerlei Gesellschaften, da man dem Beutel zu schröpfen pflegte und er allein den Riemen ziehen mußte; dann die Verschwendung hatte bereits den Wollust mit allen seinen Töchtern eingeladen, diesen Julum bestreiten und kaputt machen zu helfen.

Anfänglich zwar ließe er sich nur mit dem Ballenschlagen, Ringelrennen, den Komödien, Balletten und dergleichen zulässigen und ehrlichen Übungen, denen er beiwohnet und selbst mitmachte, genügen; da er aber erwarmet und bekannt wurde, kam er auch an diejenige Ort, da man seinem Geld mit Würfeln und Karten zusetzte, bis er endlich auch die vornehmste Hurenhäuser durchschwirmbte; in seinem Losament aber gieng es zu, wie bei des Königs Arturi Hofhaltung, da er täglich viel Schmarotzer nicht schlecht hinweg mit Kraut oder Rüben, sonder mit teuren französischen Bottagien und spanischen Olla Battriden köstlich traktierte; maßen ihn oft ein einziger Imbs über 25 Pistolen gestunde, sonderlich wann man die Spielleut rechnete, die er gemeiniglich dabei zu haben pflegte; über dieses brachten ihn die neue Moden der Kleidungen, welche geschwind nacheinander folgten und aufstunden, und sich bald wieder veränderten, um ein großes Geld, mit welcher Torheit er desto mehr prangte, weil ihm als einem fremden Cavallier keine Tracht verbotten war; da mußte alles mit Gold gestickt und verbrämt sein, und vergieng kein Monat, in dem er nit ein neues Kleid angezogen, und kein Tag daran er nit seine Barücke etlichmal gepudert hätte; dann wiewohl er von Natur ein schönes Haar hatte, so beredet ihn die Hoffart doch, daß er solches abschneiden, und sich mit fremdem zieren lassen, weil es so der Brauch war; dann sie sagte, die Sönderling, so sich mit ihrem natürlichen Haar behelfen, wann solches gleichwohl schön sei, geben damit nichts anders zu verstehen, als daß sie arme Schurchen seien, die nit so viel vermöchten, ein kahl Hundert Dukaten an ein paar schöne Barücken zu verwenden. In Summa, es mußte alles so kostbarlich hergehen und bestellt sein, als es die Hoffart immermehr ersinnen, und ihm die Verschwendung eingeben konnte.

Ob nun zwar dem Geiz, welcher den Avarum schon ganz besaße, ein solche Art zu leben durchaus widerwärtig zu sein schiene, so ließe er, Avarus, ihm jedoch solche wohlgefallen, weil er sie ihm wohl

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