Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 353)
diesem Ort; gleichwie aber nichtsdestoweniger meine übrige Dukaten nach und nach zusammengiengen, wanns schon nit teur war, also konnte ich mir auch leicht die Rechnung machen, daß ich nit erharren würde können, bis sich der Aufruhr des Bassae von Damasco legen, und der Weg sicher werden würde, meinem Vorhaben nach Jerusalem besuechen; verhängte derowegen meinen Begierden den Zügel andere Sachen zu beschauen, warzu mich der Vorwitz anreizte; unter andern war jenseit des Nili ein Ort, da man die Mumia gräbt, das besichtigt ich etlichmal, item an einem Ort die beide Pyramides Pharaonis und Rhodope; machte mir auch den Weg dahin so gemein, daß ich Fremde unkennlich alleinig dahin führn dorfte; aber es gelung mir zum letztenmal nit beim besten; dann als ich einsmals mit etlichen zu den ägyptischen Gräbern gieng, Mumia zu holen, worbei auch fünf Pyramides stehen, kamen uns einige arabische Räuber auf die Haube, welche derorten die Straußenfänger zu fangen ausgangen waren; diese kriegten uns bei den Köpfen und führten uns durch Wildnussen und Abweg an das Rote Meer, allwo sie den einen hier, den andern dort verkauften.
Das 18. Kapitel
Der wilde Mann kommt mit großem Glück und vielem Geld wiederum auf freien Fuß.
Ich allein blieb überig, dann als vier vornehmste Räuber sahen, daß die närrische Leute sich über meinen großmächtigen Schweizer- oder Kapuzinerbart und langes Haar, dergleichen sie zu sehen nicht gewohnt waren, verwunderten, gedachten sie ihnen sölches zunutz zu machen; nahmen mich derowegen vor ihren Part, sönderden sich von ihrer übrigen Gesellschaft, zogen mir meinen Rock aus und bekleideten mich um die Scham mit einer schönen Art Moos, so in Arabia Felice in den Wäldern an etlichen Bäumen zu wachsen pflegt, und weil ich ohnedas barfuß, und barhäubtig zu gehen gewohnet war, gab solches ein überaus seltsames und fremdes Ansehen; solchergestalt führten sie mich als einen wilden Mann in den Flecken und Städten am Roten Meer herumber und ließen mich um Geld sehen, mit Vorgeben, sie hätten mich in Arabia desertae fern von aller menschlichen Wohnung gefunden und gefangen bekommen; ich dorfte bei den Leuten kein Wort reden, weil sie mir, wann ichs tun würde, den Tod drauten, welches mich schwer ankam, dieweil ich allbereit etwas wenigs Arabisch lallen könnte, hingegen war mirs erlaubt, wann ich mich allein bei ihnen befand; da ließe ich mich dann gegen ihnen vernemmen, daß mir ihr Handel wohlgefalle, welches ich auch genosse, dann sie unterhielten mich mit Speis und Trank so gut als sie es selbst gebrauchten, welches gemeiniglich Reis und Schaffleisch war; so erhielte ich auch von ihnen, daß ich mich bei Nacht und sonst unter Tags auf der Reis wann es etwas kalt war, mit meinem Rock beschirmen dorfte, in welchen noch etliche Dukaten stacken.
Solchergestalt fuhr ich über das Rote Meer, weil meine vier Herren den Städten und Marktflecken, die beiderseits daran gelegen, nachzogen; diese sammleten mit mir in kurzer Zeit ein großes Geld, bis wir endlich in eine große Handelstadt kamen, allwo ein türkischer Bassa Hof hält, und sich ein Menge Leut von allerhand Nationen aus