Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 354)
der ganzen Welt befinden, weil alldorten die indianische Kaufmannsgüter ausgeladen und von dannen über Land nach Aleppo und Alkayr, von dorten aber fürders auf das Mittelländische Meer geschafft werden; daselbsten giengen zween von meinen Herrn, nachdem sie Erlaubnus von der Obrigkeit bekommen, mit Schalmeien an die fürnehmste Örter der Stadt, und schrieen ihrer Gewohnheit nach aus, wer einen wilden Mann sehen wollte, der in der Wüstenei des steinigen Arabiae gefangen worden wäre, der sollte sich da und da hin verfügen; indessen saßen die andere beide bei mir im Losament und zierten mich, das ist, sie kämpelten mir Haar und Bart beim zierlichsten und hatten größere Sorge dazu, als ich meine Tage jemal getan, damit ja kein Härlein davon verloren würde, weil es ihnen so viel eintrug; hernach sammlete sich das Volk in unglaublicher Menge mit großem Gedräng, unter welchem sich auch Herrn befanden denen ich an der Kleidung wohl ansahe, daß es Europäer waren. Nun, gedachte ich, jetzt wird deine Erlösung nahen, und deiner Herrn Betrug und Buberei offenbaren; jedoch schwiege ich noch so lang still, bis ich etliche aus ihnen Hoch- und Niederteutsch, etliche Französisch und ander Italienisch reden hörte; als nun einer dies und der ander jenes Urtel von mir fallte, konnte ich mich nicht länger enthalten, sonder brachte noch so viel verlegen Latein (damit mich alle Nationes in Europa auf einmal verstehen söllen) zusammen, daß ich sagen konnte: »Ihr Herrn, ich bitte euch alle samt um Christi unsers Erlösers willen, daß ihr mich aus den Händen dieser Räuber erretten wollet, die schelmischerweis ein Spektakul mit mir anstellen.« Sobald ich solches gesagt, wischte einer von meinen Herrn mit dem Säbel heraus, mir das Reden zu legen, wie wohl er mich nicht verstanden; aber die redliche Europäer verhinderten sein Beginnen; darauf sagte ich ferner auf Französisch: »Ich bin ein Teutscher, und als ich pilgersweis nach Jerusalem wallfahrten wollte, auch mit genugsamen Paßbriefen von den Bassen zu Alexandria und dem zu Alkayr versehen gewesen, aber wegen des damaszenischen Kriegs nicht fortkommen möchte, sonder mich ein Zeitlang zu Alkayr aufhielte, Gelegenheit zu erwarten, meine Reis zu vollenden, haben mich diese Kerl ohnweit besagter Stadt neben andern mehr ehrlichen Leuten diebischerweis hinweg geführt, und bisher Geld mit mir zu sammlen, viel tausend Menschen betrogen.« Folgends batte ich die Teutsche, sie wollten mich doch der Landsmannschaft wegen nicht verlassen; interim wollten sich meine unrechtmäßige Herrn nicht zufriedengeben, weilen aber unterm Umstand Leut von der Obrigkeit von Alkayr hervortratten, die bezeugten, daß sie mich vor einem halben Jahr in ihren Vatterland bekleidet gesehen hätten, beruften sich hierauf die Europäer vor den Bassa, vor welchem zu erscheinen meine vier Herrn genötigt worden; von demselben wurde nach gehörter Klag und Antwort, auch der beiden Zeugen Aussag zu Recht erkannt und ausgesprochen, daß ich wieder auf freien Fuß gestellt, die vier Räuber, weil sie der Bassen Paßbrief violiert, auf die Galeeren im Mittelländischen Meer verdammt, ihr zusammengebrachtes Geld halber dem Fisco verfallen sein, der ander halb Teil aber in zwei Teil geteilt, mir ein Teil vor mein