Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 360)

wünschen mögen; wir packten aus und trückneten solche War an der Sonnen, warzu sich unser neue Köchin gar fleißig und dienstbar erzeigte; folgends fiengen wir an Geflügel zu metzgen, zu sieden und zu braten, und indem mein Zimmermann hingieng, Palmwein zu gewinnen, stiege ich aufs Gebürg vor uns, Eier auszunemmen, solche hart zu sieden, und anstatt des lieben Brods zu brauchen; unterwegs betrachtete ich mit herzlicher Danksagung die große Gaben und Gnaden Gottes, die uns dessen barmherzige Vorsehung so vättermiltiglich mitgeteilt, und ferners zu genießen vor Augen stellete; ich fiele nieder auf das Angesicht und sagte mit ausgestreckten Armen und erhobenem Herzen: »Ach! ach! du allergütigster himmlischer Vatter, nun empfinde ich im Werk selbsten, daß du williger bist uns zu geben, als wir, von dir zu bitten! ja allerliebster Herr! du hast uns mit dem Überfluß deiner göttlichen Reichtümer ehender und mehrers versehen, als wir arme Kreaturen bedacht waren, im geringsten etwas dergleichen von dir zu begehren; ach getreuer Vatter, deiner unaussprechlichen Barmherzigkeit wolle allergnädigist gefallen, uns zu verleihen, daß wir diese deine Gaben und Gnaden nicht anders gebrauchen, als wie es deinem allerheiligsten Willen und Wohlgefallen beliebt, und zu deines großen unaussprechlichen Namens Ehr gereicht, damit wir dich neben allen Auserwählten, hie zeitlich und dort ewig, loben, ehren und preisen mögen.« Mit solchen und viel mehr dergleichen Worten, die alle aus dem innersten Grund meiner Seelen ganz herzlich und andächtig daherflossen, gienge ich um, bis ich die Notdurft an Eiern hatte, und damit wiederum zu unserer Hütten kam, allwo die Abendmahlzeit auf der Kisten (die wir selbigen Tag samt der Köchin aus dem Meer gefischt, und mein Kamerad anstatt eines Tisches gebrauchte) bestens bereitstunde.

Indessen ich nun um obige Eier ausgewesen, hatt mein Kamerad (welcher ein Kerl von etlich wenig und zwanzig Jahren, ich aber über die vierzig Jahr alt gewesen) mit unserer Köchin einen Akkord gemacht, der beides, zu seinem und meinem Verderben gereichen sollte; dann nachdem sie sich in meiner Abwesenheit allein befanden, und von alten Geschichten, zugleich aber auch von der Fruchtbarkeit und großer Nutznießung dieser überaus gesegneten, ja mehr als glückseliger Insul miteinander gesprochen, wurden sie so verträulich, daß sie auch von einer Trauung zwischen ihnen beiden zu reden begunndten, von welcher aber die vermeinte Abissinerin nichts hören wollte, es wäre dann Sach, daß mein Kamerad der Zimmermann sich allein zum Herrn der Insul machte und mich aus dem Weg raumte; es wäre, sagte sie, ohnmüglich, daß sie ein friedsame Ehe miteinander haben können, wann noch ein Unverheurater neben ihnen wohnen sollte. »Er bedenke nur selbst«, sagte sie ferner zu meinem Kameraden, »wie Ihn Argwohn und Eifersucht plagen würde, wann Er mich heuratet, und der Alte täglich mit mir konversiert, ob er gleich ihn zum Cornuto zu machen niemal in Sinn nehme; zwar weiß ich einen besseren Rat, wann ich mich je vermählen, und auf dieser Insul (die wohl 1000 oder mehr Personen ernähren kann) das menschlich Geschlecht vermehren soll, nämlich diesen, daß mich der Alte eheliche; dann wann solches geschähe, so wäre es nur um

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