Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 361)
ein Jahr oder 12 oder längst 14 zu tun, in welcher Zeit wir etwan eine Tochter miteinander erzeugen werden, Ihme solche (verstehe dem Zimmermann) ehlich beizulegen; alsdann wird Er nicht so bei Jahren sein, als jetzunder der jetzige Alte ist; und würde interim zwischen euch beiden die ohnzweifentliche Hoffnung, daß der erste des andern Schwährvatter, und der ander des ersten Tochtermann werden sollte, allen bösen Argwohn aus dem Weg tun, und mich aller Gefahr, darin ich anderwärts geraten möchte befreien; zwar ists natürlich, daß ein jungs Weibsbild wie ich bin, lieber einen jungen, als alten Mann nehmen wird; aber wir müssen sich jetzunder miteinander in die Sach schicken, wie es unser gegenwärtiger Zustand erfordert um vorzusehen, daß ich und die so aus mir geboren werden möchten, das Sichere spielen.« Durch diesen Diskurs, der sich weit ein mehrers erstreckte und auseinanderzohe, als ich jetzunder beschreibe, wie auch durch der vermeinten Abissinerin Schönheit (so beim Feur in meines Kameraden Augen viel vortrefflicher herumglanzte als zuvor) und ihre hurtige Gebärden wurde mein guter Zimmermann dergestalt eingenommen und betört, daß er sich entblödete zu sagen, er wollte ehe den Alten (mich vermeinende) ins Meer werfen und die ganze Insul ruinieren, ehe er eine solche Dame, wie sie wäre, überlassen wollte; und hierauf wurde auch obengedachter Akkord zwischen ihn beiden beschlossen; doch dergestalt, daß er mich hinderrucks oder im Schlaf mit seiner Axt erschlagen sollte, weil er sich sowohl vor meiner Leibsstärke, als meinen Stab, den er mir selbst wie einen böhmischen Ohrleffel verfertigt, entsetzte.
Nach solchem Verglich zeigte sie meinem Kameraden zunächst an unserer Wohnung eine schöne Art Hafnererde, aus welchem sie nach Art der indianisch Weiber, so am guineischen Gestad wohnen, schön irden Geschirr zu machen getraute, täte auch allerlei Vorschläg, wie sie sich und ihr Geschlecht auf dieser Insul ausbringen, ernähren, und bis in das hundertste Glied ihnen ein geruhigs und vergnügsames Leben verschaffen wollte; da wußte sie nicht genugsam zu rühmen, was sie vor Nutzen aus den Kokosbäumen ziehen wollte, und aus der Baumwoll so selbige tragen oder hervorbringen, sich und aller ihrer Nachkömmlingen Nachkömmling mit Kleidungen zu versehen.
Ich armer Stern kam und wußte kein Haar von diesem Schluß und Laugenguß, sonder setzte mich zu genießen, was zugerichtet dastunde, sprach auch nach christlichem und hochlöblichem Brauch das Benedicite; sobald ich aber das Kreuz beides, über die Speisen und meine Mitesser machte, und den göttlichen Segen anrufte, verschwande beides, unsere Köchin und die Kiste, samt allem dem was in besagter Kisten gewesen war, und ließ einen solchen grausamen Gestank hinder sich, daß meinem Kameraden ganz unmächtig davon wurde.
Das 21. Kapitel
Wie sie beide nach der Hand miteinander hausen und sich in den Handel schicken.
Sobald er sich wiederum erkobert hatte und zu seinen sieben Sinnen kommen war, kniete er vor mir nieder, faltete beide Händ und sagte wohl ein halbe Viertelstund nacheinander sonst nichts, als: »Ach Vatter! ach Bruder! ach Vatter! ach Bruder!« und fieng darauf an mit Wiederholung solcher Wort so inniglich zu weinen, daß er vor Schluchsen kein verständlichs Wort mehr