Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 364)
Insul quittiert, darin Simplicius allein Herr verbleibt.
Dieweil wir nun sahen, daß wir verbleiben mußten, wo wir waren, fiengen wir auch unsere Haushaltung anderst an; mein Kamerad machte von einem schwarzen Holz, welches sich beinahe dem Eisen vergleicht wann es dürr wird, vor uns beide Hauen und Schaufelen, durch welche wir erstlich die obgesetzte drei Kreuz eingruben, zweitens das Meer in Gruben leiteten, da es sich, wie ich zu Alexandria in Ägypten gesehen, in Salz verwandelt; drittens fiengen wir an einen lustigen Garten zu machen, weil wir den Müßiggang vor den Anfang unsers Verderbens schätzten, viertens gruben wir das Bächlein ab, also daß wir dasselbe nach unserm Belieben anderwärts hinwenden, den alten Fluß ganz trucken legen, und Fisch und Krebs soviel wir wollten, gleichsam mit trucknen Handen und Füßen darauf aufheben konnten; fünftens fanden wir neben dem besagten Flüßlein ein überaus schöne Hafnererde; und ob wir zwar weder Scheiben noch Rad, zumalen auch kein Bohrer oder andere Instrumenten hatten, uns dergleichen etwas zuzurichten, um uns allerhand Geschirr zu drehen, ob wir wohl das Handwerk nicht gelernet, so ersonnen wir doch einen Vortel, durch welchen wir zuwegen brachten, was wir wollten; dann nachdem wir die Erde geknettet und zubereitet hatten wie sie sein sollte, machten wir Würst daraus in der Dicke und Länge, wie die englischen Tabackspfeifen sein; solche leibten wir schneckenweis aufeinander und formierten Geschirr draus wie wirs haben wollten, beides groß und klein, Häfen und Schüßlen, zum Kochen und Trinken; wie uns nun der erste Brand geriete, hatten wir keine Ursach mehr, uns über einigen Mangel zu beklagen, dann ob uns wohl das Brod abgieng, hatten wir jedoch hingegen dürre Fisch vollauf, die wir vor Brod brauchten; mit der Zeit gieng uns der Vortel mit dem Salz auch an, also daß wir endlich gar nichts zu klagen hatten; sonder wie die Leut in der ersten güldenen Zeit lebeten; da lehrten wir nach und nach, wie wir aus Eiern, dürren Fischen und Zitronenschälen, welche beide letztere Stück wir zwischen zweien Steinen zu zartem Mehl rieben, in Vögelschmalz, so wir von den Walchen, so genannten Vögeln, bekamen, anstatt des Brods wohlgeschmackte Kuchen bachen sollten; so wußte mein Kamerad den Palmwein gar artlich in große Häfen zu gewinnen, und denselben ein paar Tage stehen zu lassen, bis er verjohren; hernach soffe er sich so voll da, daß er dorkelte, und solches tät er auf die Letzte gleichsam alle Tage, Gott geb was ich dawider redete; dann er sagte; wann man ihn über die Zeit stehen ließe, so würde er zu Essig, welches zwar nicht ohn ist; antwortet ich ihm dann, er sollte auf einmal nit so viel, sonder die bloße Notdurft gewinnen, so sagte er hingegen, es seie Sünd, wann man die Gaben Gottes verachte; man müsse den Balmen beizeiten zu Ader lassen, damit sie nit in ihrem eignen Blut erstickten; also mußte ich seinen Begierden den Zaum lassen, wollte ich anderst nit mehr hören, ich gönnete ihm nit, was wir die Völle umsonst hätten.
Also lebten wir, wie obgemeldet, als die erste Menschen