Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 366)
daß um mich gestritten haben
Drei Ding! das erste der wütende Ozean!
Das zweit: der grausam Feind! der höllische Satan;
Diesen entranne ich durch Gottes Hülf aus mein Nöten,
Aber vom Palmwein, dem dritten, ließ ich mich töten.«
Also wurde ich allein ein Herr der ganzen Insul, und fieng wiederum ein einsiedlerisches Leben an, warzu ich dann nit allein mehr als genugsame Gelegenheit, sonder auch ein steifen Willen und Vorsatz hatte; ich machte mir die Güter und Gaben dieses Orts zwar wohl zunutz, mit herzlicher Danksagung gegen Gott, als dessen Güte und Allmacht allein mir solche so reichlich bescheret hatte, beflisse mich aber daneben, daß ich deren Überfluß nicht mißbrauchte; ich wünschte oft, daß ehrliche Christenmenschen bei mir waren, die anderwärts Armut und Mangel leiden müssen, sich der gegenwärtigen Gaben Gottes zu gebrauchen; weil ich aber wohl wußte, daß Gott dem Allmächtigen mehr als müglich (dafern es anders sein göttlicher Will wär) mehr Menschen leichtlicher- und wunderbarlicher Weis hieher zu versetzen, als ich hergebracht worden, gab mir solches oft Ursach, ihme um seine göttliche Vorsehung, und daß er mich so vätterlich vor andern viel 1000 Menschen versorgt, und in einen solchen geruhigen friedsamen Stand gesetzt hatte, demütig zu danken.
Das 23. Kapitel
Der Monachus beschlüsst seine Histori und macht diesen 6 Büchern das Ende.
Mein Kamerad war noch keine Woch tot gewesen, als ich ein Ungeheur um meine Wohnung herum vermerkte. »Nun wohlan«, gedachte ich, »Simplici, du bist allein, sollt dich nicht der böse Geist zu vexiern unterstehen? vermeinest du nicht, dieser Schadefroh werde dir dein Leben saur machen; was fragst du aber nach ihm, wann du Gott zum Freunde hast? du mußt nur etwas haben das dich übet, dann sonst würde dich Mußiggang und Überfluß zu Fall stürzen; hast du doch ohne diesen sonst niemand zum Feind als dich selbsten und dieser Insul Überfluß und Lustbarkeit; drum mach dich nur gefaßt zu streiten, mit demjenigen der sich am allerstärksten zu sein bedunkt; wird derselbige durch Gottes Hilf überwunden, so würdest du ja, ob Gott will, vermittelst dessen Gnad auch dein eigner Meister verbleiben.«
Mit solchen Gedanken gieng ich ein paar Tag um, welche mich um ein ziemlichs besserten und andächtig machten, weil ich mich einer Rencontra versahe, die ich ohn Zweifel mit dem bösen Geist ausstehen müßte; aber ich betrog mich vor diesmal selbsten, dann als ich an einem Abend abermal etwas vermerkte, das sich hören ließe, gieng ich vor meine Hütte, welche zunächst an einen Felsen des Gebürgs stunde, worunder die Haubtquell des süßen Wassers, das vom Gebürg durch diese Insul ins Meer rinnet; da sahe ich meinen Kameraden an der steinen Wand stehen, wie er mit den Fingern in deren Spalt grübelte; ich erschrak, wie leicht zu gedenken, doch faßte ich stracks wieder ein Herz, befahle mich mit Bezeichnung des heiligen Kreuzes in Gottes Schutz, und dachte: »Es muß doch einmal sein, besser ists heut als morgen«; gieng darauf zum Geist, und brauchte gegen ihm diejenige Wort, die man in solchen Begebenheiten zu reden pflegt; da verstunde ich alsobalden, daß es mein verstorbener Kamerad