Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 369)

Buch einen Anhang.

Es weiß sich ohn Zweifel Derselbe noch wohl zu erinnern, wasmaßen ich bei unserer Abreis versprochen, Ihme die allergrößte Rarität mitzubringen, die mir in ganz India, oder auf unserer Reis zustehe; nun habe ich zwar etliche seltsame Meer- oder Erdgewächs gesammlet, damit der Herr wohl sein Kunstkammer zieren mag; aber was mich am allermehresten verwunderungs- und aufhebenswert zu sein bedunket, ist gegenwärtiges Buch, welches ein hochteutscher Mann, in einer Insul gleichsam mitten im Meer allein wohnhaftig, wegen Mangel Papiers aus Balmblättern gemacht und seinen ganzen Lebenslauf darin beschrieben; wie mir aber solches Buch zuhanden kommen, auch was besagter Teutsche vor ein Mann seie, und was er vor ein Leben führe, muß ich dem Herrn ein wenig ausführlich erzählen, ob er zwar selbst solches in gemeldtem seinem Buche ziemlichermaßen an Tag gegeben.

Als wir in den Molukkischen Insulen unsere Ladung völlig bekommen und unsern Lauf gegen dem Capo Bonae Esperanzae zu nahmen, spüreten wir, daß sich unsere Heimreise nicht beschleinigen wollte, wie wir wohl anfangs gehofft, dann die Winde mehrenteils contrari und so variabel giengen, daß wir lang umgetrieben und aufgehalten wurden; wessentwegen dann alle Schiff aus der Armada merklich viel Kranke bekamen; unser Admiral tät einen Schluß, steckt eine Flaggen aus und ließe also alle Kapitäns von der Flott auf sein Schiff kommen; da wurde geratschlagt und beschlossen, daß man such die Insul S. Helena zu erlangen, und daselbsten die Kranke zu erfrischen und anständiges Wetter zu erwarten; item es sollten (wann die Armada vielleicht durch Ungewitter, dessen wir uns nit vergebens vorsahen, zertrennt würde) die erste Schiff so an bemeldte Insul kamen, eine Zeit von 14 Tagen auf die übrige warten, welches dann wohl ausgesonnen und beschlossen worden; maßen es uns ergieng, wie wir besorgt hatten, indem durch einen Sturm die Flotte dergestalt zerstreut wurde, daß kein einiges Schiff bei dem andern verbliebe; als ich mich nun mit meinem anvertrauten Schiff allein befande, und zugleich mit widerwärtigem Wind, Mangel an süßem Wasser und vielen Kranken geplagt wurde, mußte ich mich kümmerlich mit Lavieren behelfen, warmit ich aber wenig ausrichtete, mehrbesagte Insul Helenae zu erlangen (von deren wir noch 400 Meilen zu sein schätzten), es hätte sich dann der Wind geändert.

In solchem Umschweifen und schlechten Zustand, in dem es sich mit den Kranken ärgert und ihrer täglich mehr wurden, sahen wir gegen Osten weit im Meer hinein unsers Bedunkens einen einzigen Felsen liegen, dahin richteten wir unseren Lauf, der Hoffnung, etwan ein Land der Enden anzutreffen, wiewohl wir nichts dergleichen in unseren Mappen angezeigt fanden, so der Enden gelegen; da wir sich nun demselben Felsen auf der mittnächtigen Seiten näherten, schätzten wir dem Ansehen nach, daß es ein steinechtigs hohes unfruchtbares Gebürg sein müßte, welches so einzig im Meer läge, daß auch an derselben Seiten zu besteigen oder daran anzuländen unmüglich schiene; doch empfanden wir am Geruch, daß wir nahe an einem guten Geländ sein müßten; bemeldtes Gebürg saße und flohe voller Vögel, und indem wir dieselbe betrachteten, wurden wir auf den höchsten Gipfelen zweier Kreuz gewahr, daran wir

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