Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 370)
wohl abnehmen konnten, daß solche durch menschliche Händ aufgerichtet worden, und dannenhero das Gebürg wohl zu besteigen wäre; derowegen schifften wir oft hinum und fanden auf der andern Seiten des gemeldten Gebürgs ein zwar kleines, aber solches lustiges Geländ, dergleichen ich mein Tage weder in Ost- noch Westindien nicht gesehen; wir legten sich 10 Klafter tief auf den Anker, in guten Sandgrund, und schickten einen Nachen mit acht Mann zu Land, um zu sehen, ob daselbsten keine Erfrischung zu bekommen.
Diese kamen bald wieder und brachten einen großen Überfluß von allerhand Früchten, als Zitronen, Pomeranzen, Kokos, Bonanes, Batades, und was uns zum höchsten erfreute, auch die Zeitung mit sich, daß trefflich gut Trinkwasser auf der Insul zu bekommen; item, ob sie zwar einen Hochteutschen auf der Insul angetroffen, der allem Ansehen nach sich schon lange Zeit allda befunden, so laufe jedoch der Ort so voller Geflügel, die sich mit den Händen fangen lassen, daß sie den Nachen voll zu bekommen und mit Stecken totzuschlagen getraut hätten; von gemeldtem Teutschen glaubten sie, daß er irgends auf einem Schiff ein Ubeltat begangen, und dannenhero zur Straf auf diese Insul gesetzt worden; welches wir dann auch davor hielten; überdas sagten sie vor gewiß, daß der Kerl nicht bei sich selbst, sonder ein purer Narr sein mußte, als von welchem sie keine einzige richtige Red und Antwort haben mögen.
Gleichwie nun durch diese Zeitung das ganze Schiffvolk, insonderheit aber die Kranke herzlich erfreut wurden, also verlangt auch jedermann aufs Land, sich wiederum zu erquicken; ich schickte derowegen einen Nachen voll nach dem andern hin, nit allein den Kranken ihre Gesundheit wieder zu erholen, sondern auch das Schiff mit frischem Wasser zu versehen, welches uns beides not war; also daß wir mehrenteils auf die Insul kamen; da fanden wir mehr ein irdisch Paradeis als einen öden unbekannten Ort! ich vermerkte auch gleich, daß bemeldter Teutsche kein solcher Tor sein müßte, viel weniger ein Ubeltäter, wie die Unserige anfangs davor gehalten; dann alle Bäum, die von Art eine glatte Rinden trugen, hatte er mit biblischen und anderen schönen Sprüchen gezeichnet, seinen christlichcn Geist dadurch aufzumuntern, und das Gemüt zu Gott zu erheben; wo aber keine ganze Sprüche stunden, da befanden sich wenigist die vier Buchstaben der Überschrift Christi am Kreuz, als INRI oder der Name JESU und Mariae, als irgends nur ein Instrument des Leidens Christi, daraus wir mutmaßeten, daß er ohne Zweifel ein Papist sein müßte, weil uns alles so päbstisch vorkam; da stund memento mori auf Latein, dorten Ieschua Hanosri Melech Haijehudim auf Hebräisch, an einem andern Ort dergleichen etwas auf Griechisch, Teutsch, Arabisch oder Malaisch (welche Sprach durch ganz Indien gehet) zu keinem anderen Ende, als sich der himmlischen göttlichen Dinge dabei christlich zu erinnern; wir fanden auch seines Kameraden Grabmal, davon dieser Teutsche selbst in seines Lebens Erzählung Meldung tut, nicht weniger auch das dritte Kreuz, welches sie beide am Ufer des Meers miteinander aufgerichtet, wessentwegen dann unser Schiffvolk den Ort (vornehmlich weil sie gleichsam an allen Baumen auch Kreuz eingeschnitten funden) die Kreuzinsul