Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 63)
einfältiger Tropf war selbst geschickt genug, den klugen Commissarium (zu welchen Ämtern und Verrichtungen man wahrlich keine Kinder nimmt) zu betrügen, welches ich eher als in einer Stund lernete, weil die ganze Kunst nur in 5 und 9 bestunde, selbige auf einer Trommel zu schlagen; weil ich noch zu klein war, einen Musketierer zu präsentieren. Man staffierte mich zu solchem End mit einem entlehnten Kleid und auch mit einer entlehnten Trommel (denn meine geschürzte Pagehosen taugten nichts zum Handel) ohne Zweifel darum, weil ich selbst entlehnt war; damit passierte ich glücklich durch die Musterung: Demnach man aber meiner Einfalt nicht zugetraute, ein fremden Namen im Sinn zu behalten, auf welchen ich antworten und hervortretten sollte, mußte ich der Simplicius verbleiben; den Zunamen ersetzte der Gouverneur selbsten und ließe mich Simplicius Simplicissimus in die Roll schreiben, mich also wie ein Hurenkind zum ersten meines Geschlechts zu machen, wiewohl ich seiner eigenen Schwester, seiner Selbstbekantnus nach, ähnlich sahe. Ich behielt auch nachgehends diesen Namen und Zunamen, bis ich den rechten erfuhr, und spielte unter solchem meine Person zunutz des Gouverneurs und geringen Schad der Kron Schweden ziemlich wohl, welches denn alle meine Kriegsdienste sein, die ich derselben mein Lebtag geleistet, derowegen dann ihre Feinde mich deswegen zu neiden kein Ursach haben.
Das 5. Kapitel
Simplicius wird von 4 Teufeln in die Höll geführt und mit spanischem Wein traktiert.
Als der Commissarius wieder hinweg war, ließe vielgemeldter Pfarrer mich heimlich zu sich in sein Losament kommen und sagte: »O Simplici, deine Jugend dauret mich, und deine künftige Unglückseligkeit bewegt mich zum Mitleiden; höre mein Kind, und wisse gewiß, daß dein Herr dich aller Vernunft zu berauben und zum Narren zu machen entschlossen, maßen er zu solchem End bereits ein Kleid vor dich verfertigen läßt, morgen mußt du in diejenige Schul, darin du deine Vernunft verlernen solt; in derselben wird man dich ohne Zweifel so greulich trillen; daß du, wenn anders Gott und natürliche Mittel solches nicht verhindern, ohne Zweifel zu einem Phantasten werden mußt. Weil aber solches ein mißlich und sorglich Handwerk ist, als hab ich um deines Einsiedlers Frommheit und um deiner eigenen Unschuld willen, aus getreuer christlicher Liebe, dir mit Rat und notwendigen guten Mitteln beispringen und gegenwärtige Arznei zustellen wollen; darum folge nun meiner Lehr und nimm dieses Pulver ein, welches dir das Hirn und Gedächtnus dermaßen stärken wird, daß du unverletzt deines Verstands alles leicht überwinden magst: Auch hast du hierbei einen Balsam, damit schmiere die Schläf, den Würbel und das Knick samt den Naslöchern, und diese beide Stück brauche auf den Abend wenn du schlafen gehest, sintemal du keine Stund sicher sein wirst, daß du nicht aus dem Bett abgeholet werdest; aber sehe zu, daß niemand dieser meiner Warnung und mitgeteilten Arznei gewahr werde, es möchte sonst dir und mir übel ausschlagen; und wenn man dich in dieser verfluchten Kur haben wird, so achte und glaube nicht alles, was man dich überreden will, und stelle dich doch, als wenn du alles glaubtest, rede wenig, damit deine Zugeordnete nicht