Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 72)
zu loben, wie sichs gebührt?« Hierauf betrachtete ich die Dame von Füßen an bis oben aus, und hinwieder von oben bis unden, sahe sie auch so steif und lieblich an, als hätte ich sie heuraten wollen. Endlich sagte ich: »Herr, ich sehe wohl, wo der Fehler steckt, der Diebsschneider ist an allem schuldig, er hat das Gewand, das oben um den Hals gehört und die Brüst bedecken sollte, unden an dem Rock stehen lassen, darum schleift er so weit hinden hernach, man sollte dem Hudler die Händ abhauen, wenn er nicht besser schneidern kann. Jungfer«, sagte ich zu ihr selbst, »schafft ihn ab, wenn er Euch nicht so verschänden soll, und sehet, daß ihr meines Knans Schneider bekommt, der hieß Meister Paulgen; er hat meiner Meuder, unserer Ann und unserm Ursele so schöne gebrittelte Röck machen können, die unden herum ganz eben gewest sein, sie haben wohl nicht so im Dreck geschlappt wie Eurer, ja Ihr glaubt nicht, wie er den Huren so schöne Kleider machen können.« Mein Herr fragte, ob dann meines Knans Ann und Ursele schöner gewesen als diese Jungfer? »Ach wohl nein, Herr«, sagte ich, »diese Jungfrau hat ja Haar, das iß so gelb wie kleiner Kinderdreck, und ihre Scheidel sind so weiß und so gerad gemacht, als wenn man Säubürsten auf die Haut gekappt hätte, ja ihre Haar sein so hübsch zusammengerollt, daß es siehet, wie hohle Pfeifen, oder als wenn sie auf jeder Seiten ein paar Pfund Liechter, oder ein Dutzend Bratwürst hangen hätte: Ach sehet nur, wie hat sie so ein schöne glatte Stirn; ist sie nicht feiner gewölbet als ein fetter Kunstbacken, und weißer als ein Totenkopf, der viel Jahr lang im Wetter gehangen? immer schad ists, daß ihre zarte Haut durch das Haarpuder so schlimm bemakelt wird, dann wanns Leut sehen, die es nicht verstehen, dürften sie wohl vermeinen, die Jungfer habe den Erbgrind, der solche Schuppen von sich werfe; welches noch größerer Schad wäre vor die funklende Augen, die von Schwärze klärer zwitzern als der Ruß vor meines Knans Ofenloch, welcher so schröcklich glänzete, wenn unser Ann mit einem Strohwisch davorstunde, die Stub zu hitzen, als wenn lauter Feuer darin steckte, die ganze Welt anzuzünden: Ihre Backen sein so hübsch rotlecht, doch nicht gar so rot, als neulich die neue Nestel waren, damit die schwäbische Fuhrleut von Ulm ihre Lätz gezieret hatten: Aber die hohe Röte, die sie an den Lefzen hat, übertrifft solche Farb weit, und wenn sie lacht oder redt (ich bitte, der Herr geb nur Achtung darauf) so siehet man zwei Reihen Zähn in ihrem Maul stehen, so schön zeilweis und zuckerähnlich, als wenn sie aus einem Stück von einer weißen Rüben geschnitzelt worden wären: O Wunderbild, ich glaub nicht, daß es einem wehe tut, wenn du einen damit beißest: So ist ihr Hals ja schier so weiß, als eine gestandene Saurmilch, und ihre Brüstlein, die darunter liegen, sein von gleicher Farb, und ohn Zweifel so hart anzugreifen wie ein Gaiß Mämm, die von übriger Milch strotzt: Sie