Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 73)

seind wohl nicht so schlapp wie die alte Weiber hatten, die mir neulich den Hindern butzten, da ich in Himmel kam. Ach Herr, sehet doch ihre Händ und Finger an, sie sind ja so subtil, so lang, so gelenk, so geschmeidig, und so geschicklich gemacht, natürlich wie die Zügeinerinnen neulich hatten, damit sie einem in Schubsack greifen, wenn sie fischen wollen. Aber was soll dieses gegen ihrem ganzen Leib selbst zu rechnen sein, den ich zwar nicht bloß sehen kann; ist er nicht so zart, schmal und anmutig, als wenn sie acht ganzer Wochen die schnelle Katharina gehabt hätte?« Hierüber erhub sich ein solch Gelächter, daß man mich nicht mehr hören, noch ich mehr reden konnte, gienge hiemit durch wie ein Holländer, und ließe mich, solang mirs gefiel, von andern vexiern.

Das 10. Kapitel

Redet von lauter Helden und namhaften Künstlern.

Hierauf erfolgte die Mittagsmahlzeit, bei welcher ich mich wieder dapfer gebrauchen ließe, dann ich hatte mir vorgesetzt, alle Torheiten zu bereden und alle Eitelkeiten zu strafen, worzu sich dann mein damaliger Stand trefflich schickte; kein Tischgenoß war mir zu gut, ihm sein Laster zu verweisen und aufzurupfen, und wenn sich einer fand, der sichs nicht gefallen ließe, so wurde er entweder noch dazu von andern ausgelacht, oder ihme von meinem Herrn vorgehalten, daß sich kein Weiser über einen Narrn zu erzürnen pflege. Den dollen Fähnrich, welcher mein ärgster Feind war, setzte ich gleich auf den Esel. Der erste aber, der mir aus meines Herrn Winken mit Vernunft begegnete, war der Secretarius, dann als ich denselben einen Titulschmied nennete, ihn wegen der eiteln Titul auslachte, und fragte, wie man der Menschen ersten Vatter tituliert hätte? antwortet er: »Du redest wie ein unvernünftig Kalb, weil du nicht weißt, daß nach unsern ersten Eltern unterschiedliche Leut gelebt, die durch seltene Tugenden, als Weisheit, mannliche Heldentaten und Erfindung guter Künste, sich und ihr Geschlecht dermaßen geadelt haben, daß sie auch von andern über alle irdische Ding, ja gar übers Gestirn zu Göttern erhoben worden; wärest du ein Mensch, oder hättest aufs wenigst wie ein Mensch die Historien gelesen, so verstündest du auch den Unterscheid, der sich zwischen den Menschen enthält, und würdest dannenhero einem jeden seinen Ehrentitul gern gönnen, sintemal du aber ein Kalb, und keiner menschlichen Ehr würdig noch fähig bist, so redest du auch von der Sach wie ein dummes Kalb und mißgönnest dem edlen menschlichen Geschlecht dasjenige, dessen es sich zu erfreuen hat.« Ich antwortet: »Ich bin sowohl ein Mensch gewesen als du, hab auch ziemlich viel gelesen, kann dahero urteilen, daß du den Handel entweder nicht recht verstehest oder durch dein Interesse abgehalten wirst, anderst zu reden als du weißt: Sag mir, was sein vor herrliche Taten begangen und vor löbliche Künste erfunden worden, die genugsam seien, ein ganz Geschlechte etlich hundert Jahr nacheinander, auf Absterben der Helden und Künstler selbst, zu adlen? Ist nicht beides, der Helden Stärk und der Künstler Weisheit und hoher Verstand mit hinweggestorben? Wenn du dies nicht verstehest, und der Eltern Qualitäten auf die

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