Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 84)
dahin hatten auch ihre Geschenk das Absehen, weil mir etliche darum gaben, daß ich sie nicht verfuchsschwänzen sollte, andere aber eben deswegen, daß ich ihrentwegen solches tun sollte; auf welche Weis ich ziemlich Geld zuwegen brachte, welches ich mehrenteils dem Pfarrer wieder zusteckte, weil ich noch nicht wußte worzu es nutzete. Und gleichwie mich niemand scheel ansehen dürfte, also hatte ich auch von nirgendsher keine Anfechtung, Sorg oder Bekümmernus; alle meine Gedanken legte ich auf die Musik, und wie ich dem einen und dem andern seine Mängel artlich verweisen möchte; daher wuchse ich auf wie ein Narr im Zwiebelland, und meine Leibskräften nahmen handgreiflich zu; man sahe mir in Bälde an, daß ich mich nicht mehr im Wald mit Wasser, Eicheln, Buchen, Wurzeln und Kräutern mortifizierte, sondern daß mir bei guten Bißlein der rheinische Wein und das hanauische Doppelbier wohl zuschlug, welches in so elender Zeit vor ein große Gnad von Gott zu schätzen war, denn damals stunde ganz Teutschland in völligen Kriegsflammen, Hunger und Pestilenz, und Hanau selbst war mit Feinden umlagert, welches alles mich im geringsten nicht kränken konnte. Nach aufgeschlagener Belägerung nahm ihme mein Herr vor, mich entweder dem Kardinal Richelieu oder Herzog Bernhard von Weimar zu schenken; dann ohne daß er hoffte einen großen Dank mit mir zu verdienen, gab er auch vor, daß ihm schier ohnmüglich wäre, länger zu ertragen, weil ich ihm seiner verlornen Schwester Gestalt, deren ich je länger je ähnlicher würde, in so närrischem Habit täglich vor Augen stellte; solches widerriet ihm der Pfarrer, dann er hielte davor, die Zeit wäre kommen, in welcher er ein Mirakul tun, und mich wieder zu einem vernünftigen Menschen machen wollte; gabe demnach dem Gubernator den Rat, er sollte ein paar Kalbfell bereiten und solche andern Knaben antun lassen, hernach ein dritte Person bestellen, die in Gestalt eines Arzts, Propheten oder Landfahrers mich und bemeldte zween Knaben mit seltsamen Zeremonien ausziehe, und vorwenden, daß er aus Tieren Menschen, und aus Menschen Tiere machen könnte; auf solche Weis könnte ich wohl wieder zurechtgebracht, und mir ohne sonderliche große Mühe eingebildet werden, ich seie wie andere mehr wieder zu einem Menschen worden: Als ihme der Gubernator solchen Vorschlag belieben ließe, kommuniziert mir der Pfarrer, was er mit meinem Herrn abgeredt hätte, und überredet mich leicht, daß ich meinen Willen darein gab. Aber das neidige Glück wollte mich so leichtlich aus meinem Narrnkleid nicht schlieffen, noch mich das herrliche gute Leben länger genießen lassen; dann indem als Gerber und Schneider mit den Kleidern umgiengen, die zu dieser Comoedia gehörten, terminierte ich mit etlich andern Knaben vor der Festung auf dem Eis herum; da fuhrt, ich weiß nicht wer, ohnversehens eine Partei Kroaten daher, die uns miteinander anpackten, auf etliche leere Baurenpferd setzten, die sie erst gestohlen hatten, und miteinander davonführten. Zwar stunden sie erstlich im Zweifel, ob sie mich mitnehmen wollten oder nicht? bis endlich einer auf Böhmisch sagt: »Mih weme daho Blasna sebao, bo we deme ho gbabo Obersto wi«. Dem antwort ein anderer: »Prschis am bambo ano,