Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 85)
mi ho nagonie possadeime, wan rosumi niemezki, won bude mit Kratock wille sebao«; also mußte ich zu Pferd, und innenwerden, daß einem ein einzig unglückliches Stündlein aller Wohlfahrt entsetzen, und von allem Glück und Heil dermaßen entfernen kann, daß es einem sein Lebtag nachgehet.
Das 15. Kapitel
Simplicii Reuterleben, und was er bei den Kroaten gesehen und erfahren.
Ob nun zwar die Hanauer gleich Lärmen hatten, sich zu Pferd herausließen, und die Kroaten mit einem Scharmützel etwas aufhielten und bekümmerten, so mochten sie ihnen jedoch nichts abgewinnen, dann diese leichte War gieng sehr vorteilhaftig durch und nahm ihren Weg auf Büdingen zu, allwo sie fütterten und den Bürgern daselbst die gefangene hanauische reiche Söhnlein wieder zu lösen gaben, auch ihre gestohlene Pferd und andere War verkauften; von dannen brachen sie wieder auf, schier ehe es recht Nacht geschweige wieder Tag worden, giengen schnell durch den Büdinger Wald dem Stift Fulda zu, und nahmen unterwegs mit, was sie fortbringen konnten; das Rauben und Plündern hinderte sie an ihrem schleunigen Fortzug im geringsten nichts, dann sie konntens machen wie der Teufel, von welchem man zu sagen pflegt, daß er zugleich laufe und (s. v.) hofiere, und doch nichts am Weg versaume; maßen wir noch denselben Abend im Stift Hirschfeld, allwo sie ihr Quartier hatten, mit einer großen Beut ankamen: das wurde alles partiert, ich aber wurde dem Obrist Corpes zuteil.
Bei diesem Herrn kam mir alles widerwärtig und fast spanisch vor: die hanauische Schleckerbißlein hatten sich in schwarzes grobes Brod und mager Rindfleisch, oder wanns wohl abgieng, in ein Stück gestohlnen Speck verändert; Wein und Bier war mir zu Wasser worden, und ich mußte anstatt des Betts bei den Pferden in der Streu vorliebnemmen; vor das Lautenschlagen, das sonst jedermann belustiget, mußte ich zuzeiten, gleich andern Jungen, untern Tisch kriechen, wie ein Hund heulen, und mich mit Sporen stechen lassen, welches mir ein schlechter Spaß war; vor das hanauische Spazierengehen dorfte ich mit auf Furage reuten, Pferd striegeln, und denselben ausmisten; das Furagiern aber ist nichts anders, als daß man mit großer Mühe und Arbeit, auch oft nicht ohne Leib- und Lebensgefahr hinaus auf die Dörfer schweifet, drischt, mahlt, backt, stiehlt und nimmt was man findt, trillt und verderbt die Bauren, ja schändet wohl gar ihre Mägd, Weiber und Töchter! Und wann den armen Bauren das Ding nicht gefallen will, oder sie sich etwan erkühnen dürfen, einen oder den andern Furagierer über solcher Arbeit auf die Finger zu klopfen, wie es denn damals dergleichen Gäst in Hessen viel gabe, so hauet man sie nieder, wenn man sie hat, oder schicket aufs wenigste ihre Häuser im Rauch gen Himmel. Mein Herr hatte kein Weib (wie dann diese Art Krieger keine Weiber mitzuführen pflegen) keinen Page, keinen Kammerdiener, keinen Koch, hingegen aber einen Haufen Reutknecht und Jungen, welche ihm und den Pferden zugleich abwarteten, und schämte er sich selbst nicht, ein Roß zu satteln, oder demselben Futter fürzuschütten; er schlief allezeit auf Stroh oder auf der bloßen Erd, und bedeckte sich mit seinem Belzrock; daher