Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 87)

seine Handschuh samt dem Feurrohr nieder, und fieng an mich zu visitieren, fragend: »Wer bist du? hast du Geld?« Sobald er aber mein haarig Kleid, und die lange Eselsohren an meiner Kappe (die er vor Hörner gehalten) begriffe, und zugleich die hellscheinende Funken (welche gemeiniglich der Tiere Häut sehen lassen, wenn man sie in der Finstere streichet) gewahr wurde, erschrak er, daß er ineinander fuhr; solches merkete ich gleich, derowegen striegelt ich, ehe er sich wieder erholen oder etwas besinnen konnte, mein Kleid mit beiden Händen dermaßen, daß es schimmerte, als wenn ich inwendig voller brennendem Schwefel gestocken wäre, und antwortet ihm mit erschröcklicher Stimm: »Der Teufel bin ich, und will dir und deinem Gesellen die Häls umdrehen!« Welches diese Zween also erschreckte, daß sie sich alle beide durch Stöck und Stauden so geschwind davontrolleten, als wenn sie das höllisch Feuer gejagt hätte: Die finstere Nacht konnte ihren schnellen Lauf nicht hindern, und ob sie gleich oft an Stöck, Stein, Stämm und Bäum lieffen, und noch öfter zu haufen fielen, rafften sie sich doch geschwind wieder auf, solches trieben sie, bis ich keinen mehr hören konnte; ich aber lachte unterdessen so schröcklich, daß es im ganzen Wald erschallete, welches ohne Zweifel in einer solchen finstern Einöde förchterlich anzuhören war.

Als ich mich nun abwegs machen wollte, strauchelt ich über das Feuerrohr, das nahm ich zu mir, weil ich bereits mit dem Geschoß umzugehen bei den Kroaten gelernet hatte; da ich weiterschritte, stieß ich auch an einen Knappsack, welcher gleich meinem Kleid von Kalbfellen gemacht war; ich hube ihn ebenmäßig auf und fand, daß eine Patrondäsche, mit Pulver, Blei und aller Zugehör wohl versehen, unden daranhienge. Ich hängte alles an mich, nahm das Rohr auf die Achsel wie ein Soldat, und verbarg mich ohnweit davon in einen dicken Busch, der Meinung, daselbst ein Weil zu schlafen: Aber sobald der Tag anbrach, kam die ganze Partei auf vorbenannten Platz, und suchten das verlorne Feurrohr samt dem Knappsack; ich spitzte die Ohren wie ein Fuchs, und hielte mich stiller als eine Maus, wie sie aber nichts fanden, verlachten sie die Zween, so von mir entflohen waren. »Pfui ihr feige Tropfen«, sagten sie, »schämt euch ins Herz hinein, daß ihr euch von einem einigen Kerl erschrecken, verjagen, und das Gewehr nemmen laßt!« Aber der eine schwur, der Teufel sollt ihn holen, wanns nicht der Teufel selbst gewesen sei; er hätte ja die Hörner und seine rauhe Haut wohl begriffen; der ander aber gehub sich gar übel und sagte: »Es mag der Teufel oder sein Mutter gewesen sein, wenn ich nur meinen Ranzen wieder hätte.« Einer von ihnen, welchen ich vor den Vornehmsten hielte, antwortet diesem, und sagte: »Was meinst du wohl, daß der Teufel mit deinem Ranzen und dem Feuerrohr machen wollte, ich dürfte mein Hals verwetten, wo nicht der Kerl, den ihr so schändlich entlaufen lassen, beide Stück mit sich genommen.« Diesem hielte ein anderer Widerpart und sagte, es könne auch wohl sein, daß seither etliche Bauren da gewesen wären, welche die Sachen gefunden

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